Worauf warten Sie… ?
Warten ist eigentlich nicht so ganz mein Ding. Warten hat für mich irgendwie immer etwas Passives, Abwartendes und mit „den lieben Gott einen guten Mann sein lassen“, „die Hände in den Schoss legen“, „etwas auf sich zukommen lassen“ zu tun. Warten bedeutet Anhalten, nicht Vorankommen, unfreiwillig Innehalten. Es erscheint doch wirksamer und freier, auf die Geschehnisse um einen herum selbst Einfluss nehmen zu können. Warten müssen kann verdammt grausam sein.
So mag es auch den vielen Menschen gehen, die mit aller Kraft gegen die individuellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Corona-Viruspandemie ankämpfen. Dem medizinischen Personal in den Krankenhäusern, die an die Grenzen von Können und Kraft stoßen. Den Pflegenden in unseren Altenhilfeeinrichtungen, die in der Balance zwischen dem körperlichen und seelischen Heil alles tun, um der Isolation älterer Menschen entgegenzutreten. Die Forschenden in den Laboren, die unermüdlich nach einer Medikation suchen, die den Menschen weltweit Abwehr und Gesundheit ermöglicht. Die politisch Verantwortlichen, die um angemessene Maßnahmen ringen. Auch hier braucht es Zeit und Geduld – und Gnade.
Denn so sehr wir uns auch mühen und engagieren – über allem liegt ein Erwarten, das wir Christen Gottvertrauen nennen. Wohl auch damit wir das nicht aus dem Blick verlieren, gibt es ausgerechnet jetzt diese Zeit des Wartens. In den adventlichen Tagen der Vorweihnachtszeit werden wir zum Innehalten aufgerufen. In allem Schaffen, Agieren, und Mühen am Ende des Jahres, lautet seine Botschaft an uns: „Verlangsame deinen Schritt und bedenke, dass du nicht alles allein schaffen kannst. Hab Geduld. Schöpfe neue Kraft. Und du wirst in der Krippe finden, wonach du suchst!“
Warten bedeutet hier nicht Tatenlosigkeit. Warten heißt, sich bereit machen und halten für das, was Gott uns versprochen hat: „Fürchte dich nicht, ich bin bei euch!“ Auf den Intensivstationen, in den Pflegeeinrichtungen, im Forschungslabor und im politischen Diskurs. Darauf warte ich gerne.
13. Dezember 2020 || ein Beitrag von Dr. Frank Hensel, Direktor des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln