Ein perfektes Zusammenspiel
Kunst in der Natur. Das ist eine jahrhundertealte Geschichte. Bereits in vorantiker Zeit sind Gartenanlagen mit künstlerischer Begleitung über Ausgrabungen nachvollziehbar. Das Weltwunder der Hängenden Gärten der Semiramis in Babylon ist zwar nicht mehr lokalisierbar, erzählt aber die Geschichte einer prachtvollen Anlage, bei der sicher auch erlesene künstlerische Schmuckstücke einen Platz erhielten. Besonders populär wurde die Gartenkunst – oder die Kunst in Gärten – sicher im Barock, als die Perfektionierung der prestigevollen Gartenanlagen im Zusammenspiel mit plastischem Schmuck ihren Höhepunkt erreichte. Die Parterres, die kunstvoll gestalteten flachen Beete direkt am hoch herrschaftlichen Gebäude, bieten der ein oder anderen Figur Platz, die sich dann erhöht und so besonders betont über den Bepflanzungen erhebt. Im Schloss Schwetzingen sind es die berühmten wasserspeienden Hirsche, die selbstverständlich auf das Thema der Jagd rekurrieren, und die zum Wahrzeichen des Schlosses wurden. Gleich hinter den Parterres erheben sich die sogenannten Bosketten, bevor der Jagdwald den idealen Schlossgarten abschließt. Die Bosketten, in der Bepflanzung höher als die Parterres, aber niedriger als der Wald, sind Heckenanlagen, die den Außenbereich in verschiedene Kompartimente teilten, im Idealfall gleich einem Spiegel der Raumfolgen im Innenraum – so in Versailles. Versailles Gärten sind natürlich geprägt von den zahllosen Wasserspielen und so skulptural besonders von Tritonen, Delphinen, Nymphen, Flusskrebsen, Seepferden, Seehunden und Neptun höchstselbst bevölkert. Die Bosketten in Versailles waren zu einem Labyrinth zusammengestellt, das war zwar üblich, aber nicht die Regel. Ob nun labyrinthisch oder leicht durchschreitbar: Die Bosketten bieten Raum für zahlreiche Schmuckelemente. Diese können sogar kleine Gebäude sein, Pavillons oder Theaterbühnen. Auf jeden Fall aber ist der skulpturale Schmuck ein Muss. Das Programm kann einer klassischen Ikonografie folgen oder individuell ausgewählt und in thematischen Gruppen angeordnet sein. Besonders beliebt waren die prachtvoll gestalteten Vasen, natürlich mit einem bestimmten motivischen Programm. Im Beispiel des Schwetzinger Schlosses stehen die vier Vasen der Weltzeitalter. Sie folgen der Vorlage Ovids, der die Entwicklung des Menschengeschlechts beschreibt. In Großsedlitz finden sich die Gruppen „Die vier Erdteile“, „Die vier Jahreszeiten“ und „Die vier Elemente“. Besonders das letzte Beispiel erfreute sich durch den ganzen Barock besonderer Beliebtheit. Die besonderen Verwinkelungen der Bosketten luden nicht selten zu heimlichen amourösen Treffen sein, so dass das Thema der berühmten Liebespaare ebenfalls sehr beliebt war. So begegnet man im Schlossgarten von Großsedlitz Apoll und Daphne, Narziss und Echo, Dionysos und Ariadne, Orpheus und Euridike und weiteren großen Liebenden der Mythologie. Letztlich sind der motivischen Vielfalt kaum Grenzen gesetzt. Auch die ein oder andere Sphinx begegnen dem Besucher des barocken Gartens, auch asiatische Pagoden oder, wie ehemals im Schlosspark Brühl, ein „chinesisches Haus“. Alles, was exotisch war, gefiel, und es etablierte sich im Interesse an allem Asiatischen eine sogenannte Chinoiserie, eine eigene Kunstrichtung für alles, was sich irgendwie an ostasiatischen Vorbildern orientierte.
Mit dem Barockgarten ist nicht das letzte Wort zum Thema „Kunst und Garten“ gesprochen. Die Geschichte geht weiter und führt – über Umwege – auch nach Bensberg…
© Talpa via Pixabay; Apollo_and_Daphne_-_Skulptur_im_Barockgarten_Grosssednitz_CC BY-SA 3.0 de via wikimedia commons
15. Oktober 2024 || ein Beitrag von Akademiereferentin Judith Graefe