Wein, der des Menschen Herz erfreut (Psalm 104)

Wein ist ein sehr altes menschliches Kulturgut, ursprünglich auf wilde Vorformen zurückgehend und in der Kaukasus- und Schwarzmeerregion beheimatet, wurde er stetig kultiviert und veredelt. Ägypten kennt schon vor 4000 Jahren eine hochstehende Weinkultur, die vom Nildelta ausgehend sich gen Süden ausbreitete. Nicht nur dort, sondern im gesamten Mittelmeerraum verbreitete sich der Weinbau und gelangte durch die Politik Roms auch in entlegene Provinzen.

Wein wurde stets mit Wasser, teilweise mit auch mit Gewürzen vermischt, getrunken und galt in dieser Form in der römischen Antike als Alltags- wie Festgetränk. Daneben ist vielfach die kultische wie medizinische Funktion belegt.

Galt der Weingenuss als Ausdruck gemeinschaftlicher Freude z.B. beim Gelage, stand er aufgrund seiner rauschhaft-ekstatischen Wirkung, die nach griechisch mythologischer Überlieferung mit dem Weingott Dionysos in Verbindung gebracht wurde, auch in der Kritik. Schon Sokrates bezeichnete den rechten Weingenuss als Disziplin der Selbstbeherrschung – ein Gedanke, der uns auch in der Bibel begegnet (Jes Sir 31, 25-31). Der Wein hatte somit in der antiken Welt einen hohen, aber auch ambivalenten Status; auch dies bezeugt die Bibel. So z.B. im Kontext der Sintflutgeschichte mit dem Weinrausch Noahs (Gen 9), in dessen Gefolge auch Jes 5,11 zu verstehen ist. Aber er ist auch das Getränk, das des Menschen Herz erfreut (Ps 104,15).

Dem Wein ist aufgrund seiner Wirkung ein Unterbrechungscharakter zueigen. Nach Plinius d.Ä. hat er dies mit der Wahrheit gemein, denn auch sie unterbricht gewohnheitliches Leben. Im Wein liegt wie in der Wahrheit ein Umstand offen zutage, dass ich mich zum Da-Sein zu verhalten habe. Aus der Erkenntnis des Wahren, wie im rechten Genuss des Weines, soll der Mensch zu einer Person heranreifen, in der stets das Lebensdienliche seines Wesens aufscheint.