Vom Sinn der Kultur

Betrachtungen aus philosophischer Perspektive

Kulturelle Welten zeigen sich bisweilen an besonderen Lebensorten, wo sie in ganz bestimmter Weise lebendig sind. Geografische Regionen mit ihrem Klima und allen Besonderheiten haben in Form sozialer Praktiken das lokale Zusammenleben der Menschen geprägt. Lebensräume mit ihren entsprechend kollektiven Gewohnheiten gehen den Einzelnen immer (als das ihnen Gemeinsame) voraus. Ihre Sozialisation und Enkulturation in die kulturell umgreifenden Praktiken, Symbolsysteme und Ordnungsmuster bringt wiederum eine Prägung der einzelnen Menschen mit sich. Kulturelle Lebensformen einschließlich ihrer Selbstverständnisse sind im Grunde solche Ensembles oder Ethos-Formationen von Lokalität, Sozialität und Personalität, die sich je bei ihren Mitgliedern in spezifischer Weise verkörpern, aber so auch geschichtlich reproduziert und modifiziert werden.

Die Dynamik der Bildung und Umbildung der kulturellen Lebensformen macht Geschichte immer auch zur Kulturgeschichte.
Zunehmend mehr sind wir sowohl auf kulturelle wie interkulturelle Kompetenz angewiesen, durch die wir die Kunst des Umgangs mit Vertrautem und Fremden zu pflegen haben.

Zu einer Auseinandersetzung mit den Grundlagen und der Bedeutung von Kultur laden wir Sie herzlich nach Bensberg ein.

Studierende bezahlen gegen Vorlage eines entsprechenden Nachweises 78,00 € (inkl. Übernachtung)

Ihr/e Referent/in und Tagungsleitung

Dienstag, 29. März 2022

14.00 Uhr
Der Kulturbegriff
Vieldeutigkeit und interdisziplinäre Zugänge
Kulturen gibt es nicht als solche; sie liegen nicht einfach wie Dinge vor uns. Sie bilden vielmehr komplexe Sinn-Welten. Die Vielfalt der Kulturbegriffe ist deshalb kein Zufall und die Transformation der antiken Cultura-Auffassung im Verhältnis zur traditionalen politischen und religiösen Ordnung, des eigenständig modernen und postmodernen Kulturverständnisses wird ebenso behandelt wie zentrale wissenschaftliche und kulturphilosophische Zugänge vorgestellt werden.

15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause

16.00 Uhr
Tiefenstrukturen der europäischen Kulturgeschichte
Max Webers „Protestantische Ethik und der ‚Geist‘ des Kapitalismus“
Vielfach gilt die moderne säkulare Kultur des Westens als Ergebnis eines geschichtlichen Prozesses der „Entzauberung der Welt“ durch immer umfassendere Rationalisierungen. Für Max Weber, der seine Soziologie explizit als Kultur- und Wirklichkeitswissenschaft versteht, kommt bei der Entwicklung der europäischen Kultur- als okzidentaler Rationalitätsgeschichte dem Zusammenhang zwischen der Ethik des protestantischen Christentums und dem sich durchsetzenden ökonomischen Denken eine zentrale Rolle zu. Der Entstehung und den Auswirkungen des modernen Arbeits- und Berufsverständnisses im Kontext einer zunehmend einseitiger am Erwerb orientierten Kultur wird im Ausgang von Webers Hauptschrift nachgegangen.

18.00 Uhr
Abendessen

19.00 Uhr
Deutschland – eine „Kulturnation“
Helmuth Plessners kritische Analyse in „Die verspätete Nation“
Auch der Weber-Schüler Helmuth Plessner bindet seine kritischen Analysen der spezifisch deutschen Geschichte stets zurück an die Kultur-, Geistes- und Philosophiegeschichte Europas. Besonderes Augenmerk legt er auf die Funktion der deutschen Kultur als „säkularisiertes Luthertum“. Er fragt, warum gerade in Deutschland eine spezifische Wertschätzung der Kultur mit ihrem „urdeutschen Pathos“ entstehen konnte, warum die deutsche Geschichte die Philosophie insbesondere über Kant, Kierkegaard, Marx, Nietzsche bis hin zu Heidegger selbst als normative Instanz destruiert hat und so dem Nationalsozialismus nichts mehr entgegensetzen konnte, stattdessen aber auf das deutsche Volkstum setzte. Es wird zu klären sein, was dieser geschichtliche Hintergrund insgesamt für das Verständnis des spezifisch deutschen Begriffs der „Kulturnation“ zu bedeuten hat.

21.15 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

Mittwoch, 30. März 2022

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

 9.30 Uhr
Kultur (in) der Weltgesellschaft
Leben in der pluralen Migrationsgesellschaft
Handlungsroutinen, geteilte Verhaltensmuster, uns lieb gewordene Kontinuitäten mit vertrauten Relevanzordnungen weichen unüberschaubaren Veränderungsdynamiken, offenen Vernetzungen, disruptiven Kontexten, derart vielen technischen und medialen Kommunikationsmöglichkeiten, dass menschliches Zuhause-sein, gemeinschaftliche Praxis und Zugehörigkeit zu sinnstiftenden Lebensformen kaum noch möglich sind. Was bedeutet eine solche tendenzielle Auflösung orientierender Lebensformen, was bringen eine solche Zunahme von Kontingenz und Beliebigkeit, von Ort- und Heimatlosigkeit mit sich?

11.00 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.30 Uhr
Kulturelle und interkulturelle Kompetenz
Zur Kunst des Umgangs mit Vertrautem und Fremdem
Das Wissen um die eigene Herkunftsgeschichte und die Anerkennung andersartiger, heterogener kultureller Traditionen ist sicher ein wesentlicher Bestandteil der kulturellen Kompetenz, die anhand verschiedener Modelle diskutiert wird. Philosophisch soll dafür auch die Produktivität des Missverstehens für Verstehensprozesse berücksichtigt und das Wechselspiel von Vertrautem und Fremdem betont werden.

13.00 Uhr
Mittagessen

14.00 Uhr
Ende des Seminars

Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.

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