Die wichtigste Stunde ist immer die gegenwärtige.
Meister Eckharts Leben und Werk
Meister Eckhart (um 1260 bis 1328) ist der deutschsprachige Autor des Mittelalters mit den meisten Sucheinträgen bei Google. Die gegenwärtige Forschung befasst sich intensiv mit ihm, und auch bei einem breiten Publikum ist er weltweit populär. Wer aber war er und was hat er wirklich gelehrt?
Er gilt gemeinhin als Mystiker, war aber auch Gelehrter, Ordenspolitiker und -manager, Prediger und Seelsorger, Sprachschöpfer wie nach ihm Martin Luther, Theologe und Philosoph. Er lebte in einer spannungsgeladenen Zeit, in der sich Papst und Kaiser bekämpften, und in der religiöse Laien begannen, ihr Verhältnis zu Gott ohne Vermittlung kirchlicher Instanzen selbst zu regeln. Mit solchen Kräften stand Eckhart im Dialog, geriet aber selbst zunehmend in den Verdacht, ein Häretiker zu sein.
Seine Lehren vom göttlichen Funken im Menschen, vom Adel der Seele, von der Gelassenheit und Abgeschiedenheit machten ihn schon in seiner Zeit des Spätmittelalters einflussreich. Dieser Einfluss reicht durch die Geschichte bis heute. Für viele ist er nach wie vor Impulsgeber des eigenen Lebens.
Begleiten Sie Professor Freimut Löser, den Präsidenten der internationalen Meister-Eckhart-Gesellschaft, auf dem Gang durch Meister Eckharts Leben, seine Werke und sein Denken.
Ihr/e Referent/in und Tagungsleitung
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Meister-Eckhart-Gesellschaft
Samstag, 3. Juni 2023
14.00 Uhr
Wer WAR Meister Eckhart?
Eckhart, der als großer „Mystiker“ gilt, war auch und vor allem in wichtigen Ämtern seines Dominikanerordens tätig, unterrichtete an der Universität in Paris, lehrte die Novizen in Erfurt, betreute Nonnen und Laien in Köln und Straßburg und hatte sich in einem Prozess, der gegen ihn geführt wurde, des Vorwurfs der Häresie zu erwehren. Die Aufgaben, denen er sich unterzog, waren ebenso vielfältig wie die Einflüsse, denen er ausgesetzt war.
Die erste Einheit verortet Eckhart in seiner spannungsgeladenen Zeit und erklärt seine Denkansätze. Wir erarbeiten miteinander das Wesen der Antworten, die er auf die Probleme seiner Zeit fand und deren Aktualität heute verblüfft.
15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause
15.45 Uhr
Meister Eckharts Werke und sein „geistliches Predigtprogramm“
Meister Eckharts heute noch erhaltene Werke bestehen aus zahlreichen lateinischen und deutschen Schriften. Diese Werke werden kurz vorgestellt und exemplarisch behandelt. In einem herausragenden Text hat Eckhart selbst die wesentlichen Inhalte seiner Lehre zusammengefasst; man hat ihn sein „geistliches Predigtprogramm“ genannt. Anhand dieses Programms diskutieren wir über sein Verständnis von Abgeschiedenheit und Freiheit, den Durchbruch des Menschen zur Gottheit, den Adel der Seele und die Frage, ob und wie über Gott überhaupt gesprochen werden kann.
Die zweite Einheit wendet sich damit den wichtigsten inhaltlichen Aspekten Meister Eckharts zu und stellt sie in eine offene Diskussion.
18.00 Uhr
Abendessen
19.00 Uhr
Lektüre I
Einige von Meister Eckharts Werken sind so bekannt, dass sie immer wieder zitiert werden. Darunter sind die in Erfurt entstandenen „Reden der Unterscheidung“ und besonders die sogenannte Armutspredigt.
In der dritten Einheit werden einige dieser Texte in kurzen Auszügen gelesen, erarbeitet und diskutiert. Die Armutpredigt wird ebenso darunter sein wie das Meister Eckhart zugeschriebene Gedicht vom ‚Granum Sinapis‘. Da der Referent Spezialist für die mittelhochdeutsche Sprache ist, werden die deutschen Werke Eckharts, mindestens teilweise, auch in dieser mittelhochdeutschen „originalen“ Sprachgestalt miteinander gelesen werden können. Das Seminar bietet so auch eine Einführung in Meister Eckharts Sprache und die Übersetzungsproblematik.
21.15 Uhr
Ende des Veranstaltungstages
Sonntag, 4. Juni 2023
ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste
8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes in der Edith-Stein-Kapelle
9.30 Uhr
Lektüre II
In den letzten Jahren war die Forschung zu Meister Eckhart in starker Bewegung. So sind unbekannte mittelalterliche Handschriften und Fragmente mit seinen Werken aufgetaucht, die unsere Vorstellung von der Chronologie seiner Werke, von seiner Lehre und von seiner Wirkung dramatisch verändert haben. Einige dieser Funde werden vorgestellt und bearbeitet.
Im Zentrum der vierten Einheit stehen dabei drei Gebete, von denen wir erst heute wissen, dass sie von Meister Eckhart stammen. Eine der spannenden Fragen ist, wie ein Theologe, der Beten als Bitte an Gott ablehnt, im Gebet mit Gott umgeht.
11.00 Uhr
Kaffee- und Teepause
11.30 Uhr
Wer IST Meister Eckhart?
Alle Texte Eckharts sind uns durch mittelalterliche Schreiber und Schreiberinnen und durch frühneuzeitliche Drucker überliefert. Ein Autograf existiert nicht. Jeder einzelne Text wurde im Lauf der Geschichte bearbeitet und verändert.
Die fünfte und letzte Einheit spürt diesen Wirkungen und Veränderungen nach und untersucht schlaglichtartig Meister Eckharts Bedeutung in der Geschichte unseres Denkens bis heute. Wir befassen uns dabei auch kritisch mit fragwürdigen Eckhart-Bildern, die den Zugang zu Eckhart verstellt haben. Zuletzt soll die heutige Vorstellung von Meister Eckhart diskutiert und mit den Ergebnissen des Seminars in Relation gesetzt werden. Diskutiert werden soll ‚unser‘ Meister Eckhart.
13.00 Uhr
Mittagessen
14.00 Uhr
Ende des Seminars
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.