„Spuren einer Existenz“
Goethes Gedichte
Johann Wolfgang Goethe gilt heute als der größte deutsche Lyriker und als einer der Großen der Weltliteratur. Er selbst hat lange seine Lyrik nicht so hochgeschätzt wie seine Prosa und seine Dramen. Das änderte sich erst während der italienischen Reise, als er in seinen ‚kurzen Gedichten‘ „Spuren“ seiner „Existenz“ erkannte. Das Wort meint mehr als nur biographische Spuren, die sich in seiner Lyrik natürlich auch finden lassen. Es soll als Motto dienen für einen Durchgang durch sein reiches, in jeder Hinsicht vielfältiges lyrisches Werk sowie bei der Lektüre teils weithin bekannter, teils weniger beachteter und noch zu entdeckender Gedichte. Dabei sollen neuere Versuche ihrer Deutung, auch ihrer Kritik, ebenso einbezogen werden wie bedeutende musikalische Interpretationen.
Es macht wesentlich den Reiz der Lyrik Goethes aus, dass sie bis heute immer wieder zu neuen Lektüren einlädt. Das Programm bietet neben Vorträgen und Gesprächen auch die Möglichkeit, Blicke auf kostbare Handschriften im Goethe- und Schiller-Archiv zu werfen.
Donnerstag, 29. September 2022
Individuelle Anreise zum Hotel Dorint Am Goethepark Weimar****S.
15.00 Uhr
Willkommen zur Goethe Akademie!
Begegnungen und Gespräche bei Kaffee, Tee und Gebäck
Prof. Dr. Jochen Golz, Weimar
Dr. Robert Steegers, Bonn
16.00 Uhr I Vortrag und Gespräch im Hotel
Das „Summa Summarum seines Lebens“
Goethes existenzielle Lyrik
Goethe hat wie kein anderer unsere Vorstellung davon geprägt, wie wir uns in deutscher Sprache ein Gedicht vorstellen. Das hat unter anderem damit zu tun, dass seine lyrischen Texte ansprechen, was uns als Menschen ausmacht. Diese Dimension seiner Lyrik ist bis heute attraktiv, weil sie sich gerade nicht im Autobiographischen erschöpft, sondern Goethe stets in der Lage ist, das Besondere einer Beobachtung in seiner existenziellen Bedeutung für uns sichtbar zu machen.
Dr. Hannes Höfer, Jena
Geschäftsführer der Goethe-Gesellschaft in Weimar e.V.
18.30 Uhr | Abendessen im Hotelrestaurant
20.00 Uhr I Lesung im Hotel
„Vieles reicht ich meinen Lieben“
Gemeinsame Lektüre ausgewählter Gedichte
Prof. Dr. Jochen Golz
Dr. Hannes Höfer
Freitag, 30. September 2022
Frühstück
9.15 Uhr I Vortrag und Gespräch im Hotel
„Es schlug mein Herz“
Die Lyrik der Geniezeit
Nach ersten lyrischen Versuchen im Stile des Rokoko wendet sich Goethe dem zeitgenössischen Ton der Geniezeit zu. Er sucht nach neuen Verfahren, um das intensive Lebensgefühl seiner Generation zur Sprache zu bringen, und schafft hierfür sowohl in der Liebeslyrik als auch in freirhythmischen Hymnen Texte, die sein individuelles Welterleben auf den Punkt bringen.
Dr. Hannes Höfer
11.00 Uhr | Spaziergang zum Goethe- und Schiller-Archiv
11.30 Uhr I Präsentation im Goethe- und Schiller-Archiv
Gedichte Goethes, handschriftlich überliefert
Im reichen handschriftlichen Nachlass Goethes sind Gedichthandschriften aus allen Epochen seines Schaffens überliefert; einige dieser Kostbarkeiten werden präsentiert und kundig erläutert.
Dr. Silke Henke, Weimar
Abteilungsleiterin Medienbearbeitung und -nutzung, Goethe- und Schiller-Archiv, Klassik Stiftung Weimar
Gelegenheit zur individuellen Mittagspause
14.30 Uhr I Besuch der Ausstellung in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek
Cranachs Bilderfluten
Die Macht der Bilder für Politik und Propaganda, Hass und Hetze, Wahrheit und Wunschträume – heute so aktuell wie vor 500 Jahren. Gezeigt werden Objekte von internationalem Rang von Lucas Cranach dem Älteren, dem Jüngeren und ihrer Werkstatt, die zu den produktivsten der Kunstgeschichte zählt. Kein Medium, das sie nicht beherrschte, und jedes ist in der Ausstellung vertreten – Gemälde ebenso wie Grafiken, illustrierte Bücher ebenso wie Medaillen.
Dr. Sebastian Dohe, Weimar
Kustode Mittelalter und Frühe Neuzeit, Münzen und Medaillen, Klassik Stiftung Weimar
17.00 Uhr I Vortrag und Gespräch im Hotel
Goethe in Gesellschaft
Zum Wirken der Goethe-Gesellschaft in Weimar
Nach dem Tod des letzten Goethe-Enkels Walther Wolfgang von Goethe wurde auf Anregung der Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach 1885 die Goethe-Gesellschaft gegründet. Sie ist heute die größte literarische Gesellschaft Deutschlands mit 2 500 Mitgliedern in 40 Ländern der Welt und kann auf eine beeindruckende Geschichte zurückblicken.
Prof. Dr. Jochen Golz
18.00 Uhr | Abendessen im Hotelrestaurant
19.30 Uhr I Besuch der Aufführung im Deutschen Nationaltheater
Samson
Musikdrama in drei Abteilungen von Joachim Raff
Raff kam 1849 nach Weimar, um hier dem damaligen Hofkapellmeister Franz Liszt zu assistieren und seinem großen Traum näher zu kommen: als Komponist von seiner Musik zu leben. Nebenbei schrieb Raff an seiner Dissertation über den biblischen Samson und schuf eine Oper. Auf Initiative des Chefdirigenten des Musiktheaters Dominik Beykirch hebt das Deutsche Nationaltheater dieses Meisterwerk nun erstmals aus der Taufe.
Samstag, 1. Oktober 2022
Frühstück
9.00 Uhr I Vortrag und Gespräch im Goethe-Nationalmuseum
„Warum gabst du uns die tiefen Blicke“
Die Lyrik der ersten Weimarer Jahre
Mit seiner Ankunft in Weimar 1775 beginnt für Goethe ein Leben zwischen den täglichen Amtsgeschäften und dem Bedürfnis zu schreiben. Dabei bleibt er zumindest als Lyriker und Dramatiker produktiv. Und das nicht nur in Gelegenheitsdichtungen bei Hofe, in denen er Pflicht und Neigung verbinden kann, sondern auch in der Lyrik, in der er seine Beziehung zu Charlotte von Stein und sein Verhältnis zur Natur formuliert. Goethe entwickelt sich zu einem distanzierten, aber genauen Beobachter seiner Umwelt, der über ein großes Arsenal an Ausdrucksformen verfügt.
Dr. Hannes Höfer
11.00 Uhr I Vortrag und Gespräch im Goethe-Nationalmuseum
„So wunderbar ist das Leben gemischt“
Gedichte der mittleren Jahre
Hatte sich Goethe vorher vereinzelt mit antiken Versmaßen und Gedichtformen beschäftigt, so eröffnen ihm seine Italienreise und die Beziehung zu Christiane Vulpius einen neuen und lebendigen Zugang zur Antike. Seine Elegien und Epigramme zeigen ihn dabei als einen Autor, der gewillt ist, etwas Neues und zugleich Mustergültiges zu schaffen. Dieses Bewusstsein von Klassizität schließt Themen wie Sinnlichkeit und Erotik nicht aus. Im Gegenteil, es zeigt sie als zentral für unser Menschsein. Zugleich entsteht für Goethe eine anregende Zusammenarbeit mit Schiller, die unter anderem seine Balladendichtung beeinflusst.
Dr. Hannes Höfer
Gelegenheit zur individuellen Mittagspause
15.15 Uhr I Besuch von Schloss und Park Tiefurt
„Es schenkten ihr die Musen jede Gunst“
Anna Amalia und ihr Tiefurter Schlösschen
1781 verlegte Herzogin Anna Amalia ihren Sommersitz von Ettersburg nach Tiefurt und ließ das Innere des dortigen Gutshauses zu einem Wohnensemble von erlesenem Geschmack umgestalten. Park und Schloss wurden durch sie Zentren geistvoller Geselligkeit, an die noch heute Bauten und Denkmäler erinnern.
18.30 Uhr | Abendessen im Hotelrestaurant
20.30 Uhr | Vortrag und Gespräch im Goethe-Nationalmuseum
„Fülle des Wohllauts“
Gedichte Goethes in der Gestaltung großer Komponisten
Goethes Lyrik galt die besondere Zuneigung von Komponisten. Lieder unter anderem von Ludwig van Beethoven, Franz Schubert, Robert Schumann und Hugo Wolf werden in herausragenden Interpretationen zu Gehör gebracht.
Prof. Dr. Jochen Golz
Dr. Hannes Höfer
Sonntag, 2. Oktober 2022
Frühstück
9.00 Uhr I Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes
10.00 Uhr I Vortrag und Gespräch im Hotel
„Schon ist alle Nähe fern“
Goethes Alterslyrik
Goethes Interesse für den Orient, vor allem für den persischen Dichter Hafis, lässt ihn in seiner Dichtung west-östliche Brücken bauen und verdeutlicht, dass er Literatur als Weltliteratur begreift. In einer Zeit, in der nationalistische Tendenzen zunehmen, betont Goethe Dialog und grenzüberschreitenden Austausch. Gleichzeitig gibt er sich aus besonnener und heiterer Distanz Rechenschaft über die eigene Lebensleistung.
Dr. Hannes Höfer
12.15 Uhr | Mittagsimbiss im Hotelrestaurant und Verabschiedung
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.
Leitung und Moderation
Dr. Robert Steegers, Bonn
Germanist, veröffentlichte mit Norbert Oellers „Weimar. Literatur und Leben zur Zeit Goethes“, Geschäftsführer des Zentrums für Lehrerbildung an der Universität Bonn
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.