Bon Voyage, Signac! Eine impressionistische Reise durch die aktuelle Ausstellung im Wallraf-Richartz Museum

Bon Voyage, Signac! Eine impressionistische Reise durch die aktuelle Ausstellung im Wallraf-Richartz Museum

Die Sonderausstellung „Bon Voyage, Signac“ begrüßt nach längerer Zeit der Schließung nicht nur wieder die ersten Gäste, sondern auch ein ganz besonderes Gemälde: Das pointilistische Meisterwerk „Konstantinopel: Yeni Djami“ (1909) ist der Mittelpunkt der Schau und wird nun – nach aufwendiger Reinigung und Restaurierung – zum ersten Mal seit 1963 wieder öffentlich präsentiert. Ermöglicht wird dies dank der großzügigen Dauerleihgabe der Stiftung Kunst im Landesbesitz (NRW). Neun weitere hochkarätige Leihgaben aus renommierten Museen in Helsinki, New York, Paris, Potsdam und Wien ergänzen die mehr als sechzig sammlungseigenen Meisterwerke. Neben dem im Titel genannten Paul Signac nehmen Künstler wie Monet, Renoir, Caillebotte, Gauguin, Cézanne, van Gogh und Matisse die Besucher mit auf eine wahrhaft malerische Reise.

Aber beginnen wir von vorne:  Die Ausstellung ist in mehrere geographische Etappen aufgeteilt. Los geht’s – wie sollte es anders sein – im Herzen von Paris. Beim Anblick der Pont des Arts, der Brücke der Künstler, mit der Ile de la Cité und einer intakten Kathedrale Notre Dame im Hintergrund macht sich ein erstes Gefühl der Sehnsucht breit.

Weiter geht es über die Vororte von Paris an die Côte d’Opale und die Côte d’Albâtre: Die Normandie, die auch als Wiege des Impressionismus angesehen wird, bietet für die aufstrebende Künstlergeneration jede Menge Freilichtmotive. Darunter findet sich – welche Freude!  – auch eines meiner persönlichen Lieblingsmotive: die Felsformation von Étretat. Wer mich einmal in meinem Büro in Bensberg besuchen möchte, wird alleine dort gleich drei unterschiedliche Ansichten dieser grandiosen Naturkulisse vorfinden.

Doch nicht nur die einmalige Landschaft der Normandie hat es den Impressionisten angetan: immer öfter geraten nun auch Häfen, Dörfer und die vermehrt in den Küstenstädten einfallenden Reisenden auf die Leinwand. So mausert sich vor allem das bekannte Städtchen Trouville zum begehrten Motiv.

Von der Normandie ist es nicht mehr weit bis in die Bretagne und zum Finistère, im wahrsten Sinne des Wortes das „Ende der Welt“. Concarneau, die größte bretonische Hafenstadt am Meer, und heute einer der meistbesuchten Orte der Bretagne hat es Paul Signac besonders angetan. Hierhin kommt er immer wieder zurück und widmet der Stadt gleich mehrere seiner Werke. Eine Leidenschaft, die er übrigens mit dem Autor Jörg Bong – besser bekannt unter dem anmutig klingenden Namen Jean-Luc Bannalec – teilt, der seinen Kommissar Dupin regelmäßig vor Ort ermitteln lässt, aber das ist eine andere Geschichte …

Seine Leidenschaft für die Natur und das Meer übt der 1863 in Paris geborene Signac übrigens auch aktiv aus: Er ist begeisterter Segler und besitzt im Laufe seines Lebens 32 Boote. So führt uns die Reise weiter über La Rochelle, entlang der Biskaya bis in die Provence, wo uns eines der bekanntesten impressionistischen Werke aus der Sammlung Wallraf-Richartz begegnet: „Die Zugbrücke“ von Vincent van Gogh. Erinnerungen an einen magischen Sommer in Arles werden wach.

Über die Côte d’Azur, die ich einst mit unserem Reiseleiter Rainer Thiesen bereisen durfte, gelangt man im letzten Raum etwas abrupt nach Italien. Obwohl eigentlich ein blinder Fleck auf meiner ganz persönlichen Reiseroute, zieht mich ein Gemälde besonders in den Bann: „Capo di Noli“ (1898).

Bon Voyage, Signac! Eine impressionistische Reise durch die aktuelle Ausstellung im Wallraf-Richartz Museum

Bon Voyage, Signac! Eine impressionistische Reise durch die aktuelle Ausstellung im Wallraf-Richartz Museum

Fast erinnert es ein wenig an „Malen nach Zahlen“, so großflächig wendet Signac die mosaikartige Maltechnik an. Vor allem aber die leuchtende Farbpracht, die mancher vielleicht als etwas kitschig empfinden könnte, die aber im Wallraff-Richartz Museum eindrucksvoll in Szene gesetzt wird, hat es mir angetan.

Schließlich setzt man nicht nur als Besucher seine Reise fort – auch Paul Signac weitete seine Reiseleidenschaft kontinuierlich aus. Sein Interesse an europäischen Häfen inspiriert ihn schließlich dazu, dem Thema einen ganzen Zyklus zu widmen. In diesem Zusammenhang reist Signac Anfang des 20. Jahrhunderts nach Venedig, Rotterdam und schließlich auch nach Konstantinopel. Letzteres hat ihn ganz besonders fasziniert, und so findet man das eingangs beschriebene, hochkarätige Bild „Konstantinopel: Yeni Djami“ als Highlight ganz am Ende der Ausstellung.

Der Besuch der Ausstellung hat vieles in mir bewegt: Die hellen Farbkompositionen versprühen auf den ersten Blick Lebenslust und sorgen für gute Laune, die einmalige Pinseltechnik fasziniert, und die Motive geben Hoffnung – Hoffnung auf eine Zeit nach der Pandemie, in der das Reisen wieder möglich sein wird. Vor allem aber weckt diese feine Ausstellung eines: mein unbändiges Fernweh an die schönsten Orte der grande nation. In diesem Sinne: bon voyage!

Hinweis: Die Ausstellung „Bon voyage, Signac!“ läuft noch bis zum 22. August 2021. Tickets sind zum Preis von € 10,00 erhältlich (ermäßigt € 7,00) und können ausschließlich im Ticketshop des Museums erworben werden.

Bildnachweis:
Paul Signac, Capo di Noli
Paul Signac, Entrée du port de la Rochelle
beide gemeinfrei

1. Juli 2021 || ein Beitrag von Sandra Gilles, Teamleiterin Referat Ferienakademien

Sandra Gilles - Thomas-Morus-Akademie Bensberg