Was macht eigentlich Maria Kley-Auerswald?
Maria Kley-Auerswald ist Montessori-Pädagogin mit Herz und Hand. Seit über 40 Jahren ist sie Erzieherin und Pädagogin der frühen Kindheit und Leiterin des Montessori-Kinderhauses St. Nikolaus in Kürten. Seit vielen Jahren ist sie zudem Stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Montessori-Vereinigung. Am 1. August 2021 ist sie nun in den „offiziellen“ Ruhestand gegangen. Oder doch nicht?
Frau Kley-Auerswald, fällt Ihnen nach so vielen Jahren Arbeit im Montessori-Kinderhaus der Abschied schwer?
Ja, was mir fehlen wird, das ist die Arbeit mit den Kindern, das Zusammensein mit deren Eltern und mit den Mitarbeitern. Immer wieder Menschen begleiten zu dürfen, die sich in der Ausbildung befinden und die vielen Hospitationsgruppen, die sich für Pädagogik interessieren. Was mir überhaupt nicht fehlen wird ist die ganze Verwaltung, die vielen Vorschriften, die die pädagogische Arbeit behindern. Als ich 1979 die Leitung des Montessori-Kinderhauses übernommen habe, war das alles einfacher. Viel mehr Zeit, um pädagogische Konzepte zu entwickeln. Zeit, um Kinder intensiv zu beobachten und mit ihnen und Eltern intensiv zu arbeiten. Heute fehlt zudem qualifiziertes Personal für einen wunderbaren Beruf.
Was hat Sie über die vielen Jahre an der Pädagogik Maria Montessoris fasziniert?
Da möchte ich gerne mit einem Zitat von Maria Montessori antworten: “Es sind die Kinder, die mich alles gelehrt haben.“ Das heißt, diese Pädagogik lebt aus der Beobachtung heraus, ein Kind brauche ich nicht zu belehren. Jedes Kind bringt alles mit ist „Baumeister seiner selbst:“ Eine spannende Aufgabe für Pädagogen*innen, aus der Beobachtung heraus eine vorbereitete Umgebung zu schaffen, die das Kind für den Prozess seiner Selbstbildung braucht. Immer wieder sich mit Kindern auf den Weg machen und mit ihnen Neues entdecken – was Kinder betrifft, betrifft die Menschheit.
Maria Montessori lebte von 1870-1952. Für viele ist das zeitlich weit weg. Auf welche Weise kann die Pädagogik Montessoris auch Kindern von heute helfen, groß und erwachsen zu werden?
Hier ist wohl die Philosophie dieser Pädagogik entscheidend, das Kind ist von Natur aus gut. Maria Montessori hat sich zeitlebens für den Frieden unter den Menschen eingesetzt. Kriege zu vermeiden ist Sache der Politiker, aber den Frieden aufzubauen und ihn zu erhalten ist Aufgabe der Erziehung. Eng damit verbunden ist Montessoris kosmische Sicht – die Bewahrung der Schöpfung. Eine religiöse, ethische und ökologische Sicht, gerade in Zeiten des Klimawandels. Die Veränderung der Gesellschaft spielt auch eine Rolle. Kindheit heute unterliegt einem Wandel – dürfen Kinder noch Kinder sein? Leistungsdruck und hohe Erwartungen, auch an Pädagogen*innen. Immer mehr Lehrer*innen und Pädagogen*innen erkranken an Burnout, weil sie sich ihrer Aufgabe nicht mehr gewachsen fühlen. Die Art nach Montessori mit Kindern zu leben und zu lernen ist für sie eine Motivation umzudenken, neue Wege zu gehen. Nicht umsonst sind unsere Montessori-Lehrgänge stark nachgefragt. Fazit ist meist:“Jetzt macht Unterrichten doch viel mehr Freude und ist einfacher.“ Davon profitieren am meisten die Kinder. Montessori würde sich freuen.
Es ist kaum vorstellbar, dass Sie sich nun seit August 2021 auf das Sofa setzen und der Montessori-Pädagogik den Rücken kehren. Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Das Sofa kann warten. Zuerst einmal werde ich noch mit einigen Stunden die religionspädagogische Arbeit im Montessori Kinderhaus in Dürscheid begleiten. Für Kinder Märchen und Geschichtentage und Wanderungen anbieten. Weiterhin in den vielen Diplom-Lehrgängen vor allem in den neuen Bundesländern tätig sein und das nun nicht mehr nur an den Wochenenden, sondern ich habe dann auch in der Woche Zeit für Inhouse Weiterbildungen und Beratungen an Montessori-Schulen und Kinderhäusern. Ganz nebenbei habe ich dann auch mehr Zeit mich mit Land und Leuten dort zu beschäftigen und Kultur zu erleben. Besonders freue ich mich schon auf die Krimml Montessori Tage im nächsten Jahr, die ich dann mit Urlaub in Österreich verbinden kann. Lehrgangsteilnehmer aus Dresden werden im Herbst hier im Bergischen wohnen und im Kinderhaus hospitieren. Das werde ich dann mit einem Kennenlernen der Stadt Köln verbinden. Weiterhin werde ich für Familienbildungsstätten und den Caritasverband Köln zu pädagogischen Themen und im Bereich der Religionspädagogik tätig sein. Ein schönes Projekt des Caritasverbandes: “Gott spielt immer mit“ ist die religionspädagogische Begleitung eines Kindergartenteams über etwa zwei Jahre, auch darauf freue ich mich. Zeit zum Schreiben weiterer Fachbücher erhoffe ich mir auch, Anfragen gibt es genug. Ja und dann ist da noch ein Traum – eine Studienreise auf den Spuren Maria Montessoris in Italien. 2019 habe ich in den Herbstferien schon eine Studienreise „Auf den Spuren Friederich Fröbel in Thüringen“ organisiert. Auch das kann ich mir vorstellen zu wiederholen. Da habe ich direkt die Anfrage an die Akademie, ob uns das nicht gemeinsam gelingen könnte. Vor allem wünsche ich mir dazu weiterhin Kraft und Gesundheit, frei nach dem Lied von Udo Jürgens: “Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an.“
Liebe Frau Kley-Auerswald, vielen Dank für das Gespräch! Gerne bleiben wir mit Ihnen im Kontakt!
13. August 2021 || das Gespräch mit Maria Kley-Auerswald führten Janine Lattarulo und Andreas Würbel
Maria Kley-Auerswald war bis Ende Juli 2021 Leiterin des katholischen Montessori-Kinderhauses in Kürten-Dürscheid. Sie ist weiterhin Dozentin für Montessori-Pädagogik, Leiterin von Diplom-Lehrgängen und zweite Vorsitzende der Deutschen Montessori-Vereinigung.