Wir wünschen frohe Pfingsten!

Das Pfingstwunder bei Peter Paul Rubens

„Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle zusammen am selben Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“

Apg 2,1-4

Einige Male taucht die Beschreibung des Pfingstwunders in der Bibel auf, und in leicht verschiedenen Varianten. Sicher ist jedoch, dass hier ein göttliches Wunder geschah, bei der der Heilige Geist auf die Menschen herniederkam und ihnen die Fähigkeit verlieh, in anderen Sprachen zu sprechen. In mancher Deutung ist die Ausprägung dieser Xenoglossie aber nicht das Sprechen der verschiedenen Sprachen durch die Apostel, sondern das Verstehen der Predigt in der jeweils eigenen Sprache des Zuhörers. Und da liegt die große Bedeutung des Pfingstwunders verborgen. Nicht das Brausen des Himmels im geschlossenen Haus, nicht die Zungen wie von Feuer, nicht, wie oft vorgestellt, das sichtbare Erscheinen des Heiligen Geistes sind die Phänomene größter Wichtigkeit. Das Erfahren eines Wunders ist in seiner Wirkung sicher allumfassend und wirkt unendlich nach – doch nur in den Personen, die es erfahren haben. Das Pfingstwunder geht darüber hinaus. Denn hier betrifft es nicht nur einige Ausgewählte, sondern alle Menschen. Und ob es nun das Sprechen der verschiedenen Sprachen ist oder das Verstehen, die Menschen können sich plötzlich verständigen. Sie verstehen einander. Auf diese Weise lässt sich Gottes Wort überall auf der Welt verbreiten. Und so gehört das Pfingstfest bis heute zu den größten Festen des Christentums.

Da ist es nicht erstaunlich, dass das Motiv auch in der Kunst große Bedeutung hat und in unzähligen Varianten, enormen Größen und für die prestigeträchtigsten Orte malerisch umgesetzt wurde. So erhielt Peter Paul Rubens einst den Auftrag, ein großes Gemälde für die Liebfrauenkirche in Neuburg an der Donau anzufertigen. Das Thema: Die Ausgießung des Heiligen Geistes. Das Format: Knapp 5 mal 3 Meter.

Rubens stellt das Geschehen in einen tempelartigen Bau, der deutlich von der Antike inspiriert ist. Mitten hinein platziert er einen architektonischen Bogen, der das Geschehen kompositorisch zentralisiert. Genau im Scheitel dieses Bogens erscheint der Heilige Geist in Gestalt der Taube aus einer sich öffnenden Wolke, mitten im Gebäude. Der Heilige Geist bewegt sich aus dem Himmel heraus in die irdische Welt hinein. Er schickt seinen Flammen der Erleuchtung nicht nur aus dem Himmel heraus hinab auf die Menschen, er verteilt sie fliegend direkt über ihnen. Maria im Zentrum unter ihm, scheint um die Bedeutung des Geschehens zu wissen. Mit offenem Blick und gefalteten Händen empfängt sie froh die Gaben des Geistes. Um sie herum aber ist große Aufregung in einem mächtigen Durcheinander von farbigen Stoffen. Rubens malt hier in überzeugender Echtheit die verschiedensten Emotionen, von Ungeduld über Furcht und Antizipation bis Demut und Dankbarkeit. Diese Gefühle werden vor allem durch die individuellen und durchweg sehr bewegten Körperhaltungen erzeugt, aber auch besonders durch jedes einzelne Gesicht. Hier wird jedes Gefühl genau untersucht und die Unglaublichkeit des erlebten Wunders für den Betrachter greifbar, spürbar – fast miterlebbar.


PETER PAUL RUBENS: AUSGIESSUNG DES HEILIGEN GEISTES

© CC-BY-SA_BSTGS_999, Bayerische Staatsgemäldesammlung Naumburg

Das Team der Thomas-Morus-Akademie Bensberg wünscht Ihnen gesegnete Pfingsttage!

19. Mai 2024 || ein Beitrag von Akademiereferentin Judith Graefe