Auf ein Wort mit… Steven Walter
Steven Walter wird Anfang November die Leitung des Beethovenfestes in Bonn übernehmen. Er wird Nachfolger von Nike Wagner, die das Festival von 2014 bis 2021 geleitet hat. Nicht allein das junge Alter, des 1986 geborenen Steven Walter, sondern vor allem sein radikales Bekenntnis zu neuen Musikformaten lässt für das traditionsreiche Bonnen Beethovenfest Neues erwarten. Mit dem Musikfestival PODIUM in Esslingen hat Walter über viele Jahre neue Musikformate ausprobiert. Seine Ideen werden das Beethovenfest sicher verändern.
Sehr geehrter Herr Walter, was hat Sie gereizt, die Leitung des Beethovenfestes in Bonn zu übernehmen?
Das Beethovenfest ist eines der ganz großen und traditionsreichen Klassikfestivals in Deutschland. Wenn man gefragt wird, diese Verantwortung zu übernehmen und wie ich Lust auf Gestaltung hat, dann darf man bei dieser Anfrage nicht ducken. Nach zwölf Jahren der eigenen Gründung war es auch Zeit für den nächsten persönlichen Schritt.
Sie sind in einer deutsch-amerikanischen Familie aufgewachsen und stolz darauf „beide Prägungen zu verbinden“. Was bedeutet dies konkret für ihre musikalischen Arbeit?
Ich bin kulturell einerseits tief europäisch, ich würde gar sagen: deutsch verwurzelt, was sich in der Liebe zur klassischen Musik und Literatur ausdrückt. Zugleich hat mich amerikanische Popkultur und eine gewisse go-get-it Mentalität, ein fast grenzwertiger Optimismus, den man vielleicht auch amerikanisch finden kann, geprägt. Die deutsche Weltflucht-Romantik und der amerikanische Frontier-Spirit halten sich bei mir die Waage.
Viele Festivalbesucherinnen und -besucher in Bonn erwarten vor allem Beethovens Musik und natürlich am liebsten die neun Sinfonien. Welche Rolle wird die Musik Beethovens in ihrem Festival-Programm spielen?
Das Beethovenfest hat Beethoven im Namen. Er ist Anlass des Festivals und der größte Sohn der Stadt – natürlich spielt sein Werk auch bei meinem Programm eine zentrale Rolle. Man wird viel Beethoven hören, sicherlich aber in neuen, spannenden und überraschenden Zusammenhängen. Darüber hinaus geht es mir im Allgemeinen um Manifestation, nicht bloße Repräsentation – wir müssen lebendig halten, wofür Beethoven stand, statt nur sein Werk zu spielen. Das heißt: mutig sein, Humanismus leben, nach vorne gehen und aus dem Vollen unserer Zeit schöpfen.
Das Festival PODIUM in Esslingen war ursprünglich ein studentisches Projekt, aus dem sich ein internationales Festival mit einem jungen Publikum entwickelt hat. Wie wird diese Erfahrung in das Bonner Festival mit seiner langen Geschichte einfließen? Richtet sich das Beethovenfest unter Ihrer Leitung vor allem an ein junges Publikum?
Die grundsätzliche kreative Haltung und Zeitgenossenschaft, die ich in Esslingen gelernt habe, nehme ich natürlich nach Bonn mit. Es wird bei mir Programmangebote für die diverse Gesellschaft unserer Zeit geben, der Klassikliebhaber und die Studentin werden gleichermaßen auf ihre Kosten kommen. Man darf das Publikum ansonsten nicht unterschätzen oder in unterkomplexe Schubladen stecken: es ist meine Erfahrung, dass manch junger Mensch konservativer als manch abenteuerlustiger Rentner ist. Ich möchte ein musikalisches Erlebnisangebot für die Vielfalt der heutigen Rezeptionshaltungen schaffen und dabei jedes Publikum ernst nehmen.
Sie haben in einem Interview gesagt, dass das „Eröffnungswochenende ein großes Fest in der ganzen Stadt ist“. Was haben wir im kommenden Jahr zu erwarten?
Ich kann noch nicht viel Konkretes verraten – aber ich halte es jedenfalls für wichtig, dass ein Festival mehr ist als die Summe exzellenter Konzerte: es muss etwas Festliches an sich haben, die Stadt muss vibrieren und wir müssen auch exzellente Gastgeber sein. Das ist schließlich ein großer Teil der Magie von Musik: sie schafft Anlässe, die zugleich zutiefst persönlich und grenzverrückend sozial sind. Diese soziale Dimension des Hörens wird sich in Stadtteil-Musikfeste, in Konzert-Cluster und einem großen Eröffnungsfest äußern.
Sehr geehrter Herr Walter, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg!
Das Interview führte Andreas Würbel, Akademiereferent.
Einmal im Monat erscheint „Auf ein Wort mit…“ und stellt interessante und engagierte Personen vor, mit denen die Akademie auf unterschiedliche Weise verbunden ist. Gesprochen wird über Gott und die Welt, über Kunst und Kultur, über Aktuelles aus Gesellschaft und Kirche ….
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10. Oktober 2021 || ein Gespräch mit Steven Walter, Intendant des Bonner Beethovenfestes
Steven Walter, Jahrgang 1986, hat sich als Cellist und Kulturmanager einen Namen gemacht. Er ist u. a. künstlerischer Leiter des von ihm schon 2009 mitinitiierten „PODIUM Esslingen“.