Zu Besuch bei… Sandra Gilles, Mitarbeiterin im Referat Ferienakademien
Sandra Gilles reist am liebsten nach Frankreich, aber auch eine Reise in die Wildnis Namibias oder eine Alpenwanderung gehörten in den letzten Jahren zu ihren Zielen. Wenn sie nicht verreist ist, ist sie oft im ersten Stock ihres Hauses in Refrath zu finden. Hier hat sie sich ein Nähstudio eingerichtet. Bahnen mit Stoffen, Scheren, Modellpuppen … umgeben ihren kreativen Arbeitsplatz an der Nähmaschine.
Liebe Sandra, der Sinn fürs Schöne, das liegt Dir. Kalligrafisch kreierst du Geburtstagskarten für die Akademie und überraschst immer wieder mit außergewöhnlichen Kreationen aus Stoff – viele Kolleginnen und Kollegen tragen ein Tuch oder einen Loop aus Deiner Kollektion – was inspiriert Dich und wo holst du Dir Ideen für Deine Produkte?
Schönheit liegt ja zunächst bekanntlich im Auge des Betrachtenden. Und den Sinn fürs Schöne zu haben, wie Du es so nett formuliert hast, und schöne Dinge selber herzustellen, sind leider zweierlei Dinge. Die Grundlage für letzteres ist bei mir vielleicht schon in frühester Kindheit gelegt worden: Meine Cousine ist Modedesignerin und Dipl. Schnittdirectrice. Bei ihr habe ich seitdem ich denken kann viele Nachmittage zwischen Stoffen, Spitzen und Borten zugebracht. Auch meine Großmutter und ihre Schwestern haben viel und gerne genäht. Natürlich habe ich dies früher schon stets bewundert, aber irgendwie war es für mich immer auch ein bisschen wie Zauberei und viel zu komplex, um tiefer in die Materie einzusteigen. So richtig geplatzt ist der Knoten erst vor ziemlich genau neun Jahren, als mich bei näherer Betrachtung eines genähten Schals, den ich damals für viel Geld gekauft hatte, die simple Erkenntnis traf, dass es sich dabei nicht um ein Hexenwerk handelt. Von da an nahmen die Dinge Ihren Lauf. Nicht nur bei mir, sondern übrigens auch ganz allgemein, denn kurze Zeit später war Nähen wieder absolut „in“. Mit dem rasanten Aufstieg vor allem der sozialen Netzwerke gab es plötzlich kein Halten mehr. Und so hole ich mir bis heute tatsächlich viel Inspiration auf Online-Plattformen wie Pinterest und Instagram. Die wirkliche Kunst ist jedoch, den eigenen Stil zu finden, diesem treu zu bleiben – und sich bei Bedarf aber auch immer wieder neu zu erfinden und zu versuchen. Wirklich inspirierend ist es daher auch, über die eigenen Grenzen hinaus zu blicken. Wann immer ich im Ausland oder an gänzlich neuen Orten bin, halte ich Ausschau nach dem Besonderen – und werde fast immer fündig. Das kann ein Wochenmarkt, eine kleine Boutique oder auch einfach ein Nachmittag im Café sein, um die vorbeieilenden Menschen zu beobachten.
In der Akademie bist du ein Team Player, zu Hause sitzt du viele Stunden allein in Deinem Nähstudio. Ist das Nähen für dich eine Zeit der Entschleunigung?
Wenn ich erzähle, dass ich in meiner Freizeit gerne nähe, werde ich oft um dieses Hobby beneidet. Tatsächlich nenne ich es aber auch ein „einsames“ Hobby, denn für aufwendigere Projekte benötige ich Zeit und vor allem: Muße! So gesehen ist das Nähen sicher auch eine Zeit der Entschleunigung vom (beruflichen) Alltag. Natürlich gelingt dies einmal besser, einmal schlechter: ist die Naht schief, die Maschine zackig und der Knoten im Kopf plötzlich riesig, kann ein Projekt auch schon mal zur reinen Nervensache werden. Dann macht es erfahrungsgemäß wenig Sinn, weiterzumachen. Aber wer mich kennt, weiß: eigentlich ist mein Ehrgeiz dann erst recht geweckt, denn sogenannte „Ufos“ (in der Nähszene liebevoll als „unfertige Objekte“ bezeichnet) lassen mich dann einfach nicht los. Mittlerweile gibt es auch eine recht schöne Bewegung von organisierten Nähcamps, bei denen frau sich mit Gleichgesinnten ein ganzes Wochenende lang in einer Jugendherberge trifft – nur um von morgens bis abends zu nähen und sich dabei auszutauschen. Ich bevorzuge bislang jedoch „meine einsame Nähstube“.
Von Tüchern bis Kinderkleidung hast Du vieles schon entworfen und genäht. Was planst Du als Nächstes? Was würdest Du gern einmal nähen?
Aus aktuellem Anlass versorge ich momentan den Kollegen-, Freundes- und Familienkreis mit sogenannten Mund-Nasen-Masken, sofern diese gewünscht werden. Außerdem versuche ich seit einiger Zeit vermehrt, meine eigene Garderobe mit individuellen Einzelstücken zu erweitern. Das gibt Kleidungsstücken den Stellenwert zurück, den sie eigentlich haben sollten und lässt mich auch ein wenig stolz die eigene Weiterentwicklung verfolgen. Als richtige Herausforderung und Kunst an sich bewundere ich professionelles Patchworking und Quilting.
An welchen Ort der Welt würdest Du gern einmal Deine Nähmaschine mitnehmen?
Vermutlich sollte ich mit ihr mal eine Reise nach Paisley unternehmen: eine Stadt im Süden Schottlands, die Ende des 18. Jahrhunderts das bekannte Paisley-Muster in Europa und somit mein absolutes Lieblingsmuster hervorgebracht hat.
Liebe Sandra, danke für die Beantwortung der Fragen! Viel Freunde beim Nähen und kreativ sein!
Bilder und Video: Sandra Gilles
2. April 2020 || Beitrag von Anne Pesch, Akademiereferentin für Öffentlichkeitsarbeit