CC-BY-SA-3_wikimedia commonsLille und seine flämischen Schwestern
Wie ein Grenzland sich neu erfindet
Am besten ist Flandern von einem Glockenturm aus zu begreifen: Vom Belfried des Rathauses in Lille lässt sich die Grenzlage entdecken, derer Blick reicht von der Porte de Paris im Süden bis zu den Hügeln Belgiens im Norden. In der verwinkelten Altstadt zeugen die Giebelhäuser von der flämischen Vergangenheit und der goldene Löwe Flanderns blickt von Fassaden und Fahnen herab. Die nordfranzösische Stadt Lille gehörte einst zur Grafschaft Flandern und war damit im Besitz der Herzöge von Burgund. Nach etlichen Kriegen wurde sie französisch und entwickelte sich zu einem Industriestandort. Als die Fabriken schlossen, erfand sich die Region neu – mit kulturellen Initiativen, Kunstprojekten und einer erstaunlichen Offenheit für das Zeitgenössische. Das Kulturhauptstadtjahr 2004 brachte einen Aufbruch, der bis heute wirkt: der Louvre in Lens, das spektakuläre Museum La Piscine in Roubaix und eine neue Verbindung von Vergangenheit, Industriekultur und Zukunftsvision. Bis in die glanzvollen mittelalterlichen Metropolen Tournai und Kortrijk ist es nur ein Katzensprung. So zeigt sich Flandern als Region der Übergänge – zwischen Vergangenheit und Moderne, Tradition und Aufbruch, französischem Esprit und flämischer Seele.
Ihr/e Reiseleiter/in
Montag, 8. Juni 2026
Busreise von Bensberg (7.30 Uhr) und Köln (8.15 Uhr) nach Lille.
Willkommen in Lille
Glockentürme prägen die Skyline der Stadt – errichtet von der Gotik bis zum Art déco, sind sie seit 2005 Weltkulturerbe. Das Palais Rihour wurde 1453 unter Philipp dem Guten in Auftrag gegeben und unter Karl dem Kühnen vollendet. Es ist heute das einzige erhaltene Fragment des gotischen Palastes der Herzöge von Burgund. Im Erdgeschoss liegt die Salle des Gardes. Von dort führt der Weg zum Grand‘ Place, wo das Monument der Revolutionskriege und die prächtige Alte Börse, die von 24 identischen, mit Wappen geschmückten Häusern umgeben ist, an den Reichtum der Handelsstadt erinnern. Im Innenhof treffen sich Menschen zum Flanieren und Schach spielen, es werden antiquarische Bücher und Blumen angeboten – und im Sommer sogar Tango getanzt. Das 1892 erbaute Palais des Beaux-Arts vereint Meisterwerke von der Antike bis zur Gegenwart. Zu den Höhepunkten gehören Werke von El Greco, Tintoretto, Rubens, Van Dyck und eine bemerkenswerte Sammlung des Impressionismus.
Dienstag, 9. Juni 2026
Roubaix – Aus Alt mach Neu
Einst Zentrum der französischen Textilindustrie, musste sich Roubaix nach dem Niedergang der Branche neu erfinden. Zwischen der mehrheitlich armen Bevölkerung lebten hier einige der reichsten Familien Frankreichs. Heute gilt das Museum „La Piscine“ als Symbol dieses Wandels: Ein altes Schwimmbad im Art déco-Stil von 1932 wurde zu einem Museum für moderne Plastik umgebaut, in der oberen Etage ist eine Sammlung mit Stoffen aus dem 16. bis 21. Jahrhundert zu entdecken. Die Villa Cavrois, das Meisterwerk des Architekten Robert Mallet-Stevens, ist ein Manifest der Moderne und ein Symbol für das Design des 20. Jahrhunderts. Sie wurde von Paul Cavrois, einem Textilindustriellen aus Roubaix, in Auftrag gegeben. Wieder zurück in Lille lohnt ein Blick in die Kirche Saint-Maurice, eine spätgotische Hallenkirche im Flamboyantstil, sowie in die zu Ehren der Jungfrau Maria 1856 erbauten neugotische Kathedrale Notre-Dame-de-la-Treille. Ihre Fassade aus durchscheinendem Marmor – ein Werk des Künstlers Ladislas Kijno – taucht den Bau seit 1999 in faszinierendes Licht. In der Krypta befindet sich eine beeindruckende Sammlung zeitgenössischer sakraler Kunst.
Mittwoch, 10. Juni 2026
Tournai - Glanzvoller Herbst des Mittelalters
Die alte Bischofsstadt Tournai zählt zu den ältesten Städten Belgiens. Sie beherbergt die größte Kathedrale und den ältesten Belfried Belgiens mit einem berühmten Glockenspiel. Die fünftürmige romanische Kathedrale wurde 1171 geweiht, aber erst 1325 vollendet, bietet also auch viele hochgotische Partien (derzeit teilweise in restauro). Zudem gilt Tournai neben Brügge und Gent mit Robert Campin und Rogier van der Weyden als Wiege der flämischen Malerei. Das Musée des Beaux-Arts, ein Bau des Jugendstilarchitekten Victor Horta, besitzt dementsprechend eine umfangreiche Sammlung, die sich über sechs Jahrhunderte erstreckt.
Den Tag beschließt ein gemeinsames Abendessen in einem typischen „Estaminet“, einer Mischung aus Café, Kneipe und Restaurant, wo flämische Herzlichkeit und französische Lebensart zusammentreffen.
Donnerstag, 11. Juni 2026
Kortrijk – Ritter, Ratsherren und Beginen
Das idyllische Städtchen Kortrijk wurde durch die „Schlacht der Goldenen Sporen“ von 1302 berühmt. Die flämischen Stände erhoben sich gegen Philipp den Schönen von Frankreich und gewannen diesen Konflikt. Heute erinnern das 1420 erbaute Rathaus und die Liebfrauenkirche mit der Grafenkapelle an diese glanzvolle Epoche. Die Kapelle wurde nach dem Vorbild der Sainte Chapelle in Paris errichtet. Unter strahlend bunten Glasfenstern, die von der Schlacht berichten, zeigen Wandnischen eine Porträtgalerie der Grafen von Flandern aus dem 14. Jh. Der idyllische Beginenhof und der Belfried der Tuchhalle gehören zum Weltkulturerbe Flanderns.
Freitag, 12. Juni 2026
Lens – Kunst zwischen Kohle und Glas
Auf der Rückreise ist Gelegenheit für einen Besuch des Louvre-Lens, der das Erbe der Region neu belebt. Um der strukturschwachen Region zu helfen, entstanden ein Depot für 250 000 Objekte und eine Restaurierungswerkstatt des Louvre. Das Museum, entworfen vom japanischen Architektenbüro SANAA, befindet sich auf dem Gelände einer ehemaligen Zeche und zieht jährlich rund eine halbe Million Besucherinnen und Besucher an.
Anschließend Rückfahrt nach Köln (Ankunft ca. 17.30 Uhr) und Bensberg (ca. 18.15 Uhr).
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.


Wilfried Pohnke auf Pixabay







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