Zwei Zentralfiguren der Westkunst beiderseits des Atlantiks
M. Jodice, CC BY 3.0; D. Nystrom & cea, Flickr (CC BY 2.0)

Beuys und Warhol – Gegenspieler und Brüder im Geiste

Zwei Zentralfiguren der Westkunst beiderseits des Atlantiks

Sie gelten als „idealtypische Gegenspieler“ in der Kunst des 20. Jahrhunderts: Joseph Beuys (1921 – 1986) und Andy Warhol (1928 – 1987). Mit ihren gegensätzlichen Auffassungen von dem, was Kunst sein und leisten sollte, wurden sie zu Symbolfiguren der Westkunst beiderseits des Atlantiks.
Diesseits des „großen Teichs“ nahm Joseph Beuys die Position des „Sehers“ ein, der mit seiner „sozialen Plastik“ gestaltend auf die Gesellschaft einzuwirken suchte. Er setzte sich mit sozialphilosophischen Fragestellungen auseinander und propagierte einen „erweiterten Kunstbegriff“.
Jenseits des Atlantiks wurde derweil Andy Warhol zum Star der Pop Art. Der „Chronist der Kommunikations- und Konsumgesellschaft“ schuf ein vielgestaltiges Gesamtwerk, das neben Werbegrafiken und Gemälden auch Objekte, Filme, Bücher und Musikproduktionen umfasst.
So gegensätzlich Leben und Werk der beiden Künstler sein mögen, in der vergleichenden Betrachtung lassen sich doch interessante Parallelen und Verbindungen ausmachen. Mit unterschiedlichen Mitteln spiegelten und kommentierten Beuys und Warhol die gesellschaftliche Wirklichkeit der westlichen Welt nach dem Zweiten Weltkrieg.
Das Seminar spürt Unterschiede und Übereinstimmungen im Werk der beiden „Gegenspieler“ auf und erklärt, warum Beuys und Warhol (auch) als „Brüder im Geiste“ zu begreifen sind.

Samstag, 18. September 2021

14.00 Uhr
Viten und Werke – zwei Lebensfäden im (kunst-)historischen Gewebe
Noch bevor Beuys und Warhol einander 1979 (aner-)kennen lernten, zeigten sich Parallelen: Beide in den 1920ern geboren, schufen sie ihr Frühwerk nach 1945 und erlebten ihren Durchbruch Anfang der 1960er. Als sie starben (Beuys 1986, Warhol 1987), hatten jeder von ihnen die rund 40 Jahre des „Kalten Krieges” mitgeprägt. Im Wettstreit zwischen westlicher Abstraktion und östlicher Realistik entwickelten Warhol in New York und Beuys in Düsseldorf Positionen jenseits dieses Stil-Antagonismus.

15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause

15.45 Uhr
„Seher” versus „Star”: Charisma als Bindemittel zwischen Werk und Öffentlichkeit
Realistik heißt für Beuys und Warhol: Gesellschaftlich wirksam werden durch Herstellung von Strahlkraft. Der Bildhauer Beuys will als Symbolzentrum seiner Aktionen das Publikum für seine „Soziale Plastik” gewinnen; der Werbegraphiker Warhol setzt auf (Selbst-)Vermarktung durch massenwirksame Medien. Gefolgschaft erzeugt der „Star“ mit Silberhaar über seine „Factory”-Entourage, der „Seher” mit Hut über seine Akademie-„Jünger”. Verheißt Beuys „Jeder Mensch ist ein Künstler”, so verspricht Warhol „15 Minuten Ruhm” für alle.
18.00 Uhr
Abendessen

19.00 Uhr
Der Tod und andere Gemeinsamkeiten
Beide konnten dem Tod knapp entrinnen: Beuys überlebte einen Flugzeugabsturz, Warhol ein Attentat. Vielleicht sind deshalb beide OEuvres unterströmt von Zeitlichkeit als Endlichkeit. Bei Beuys findet sich das christlich geprägte Mega-Symbol des Kreuzes neben Wesen, die verwesen und Dingen, die verrotten können; Warhol spiegelt in seinen „Todesbildern” die Gewaltkultur der amerikanischen Gesellschaft, bevor er auf das Kreuz rekurriert.

20.30 Uhr
Reflexion

21.00 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

Sonntag, 19. September 2021

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

 9.30 Uhr
Mit heißem Herzen die Welt verbessern: „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt” (1965)
Bei der berühmten Aktion in der Düsseldorfer Galerie Schmela handelt es sich um eine Performance: Beuys ist der einzige Akteur und weist dem Publikum die passive Beobachterrolle zu. Mehr noch, er verbannt es auf die Straße, nötigt es, von außen durch die Fenster zuzuschauen. Am Beispiel eines schlichten Tieres, aus dem das Leben gewichen ist, soll man lernen, wenn der Künstler mit vergoldetem Schädel zum Hasen-Kadaver über die Exponate in den Galerieräumen spricht.

11.00 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.30 Uhr
Mit kaltem Blick die Welt bis zur Kenntlichkeit entstellen: „Marilyn Dyptich” (1962)
Im Vergleich zwischen „Hasen”-Performance und „Marilyn”-Tableau aus den frühen 1960ern erweist sich das Trennende. Beuys will mit symbolisch aufgeladenen Handlungen und Objekten emotionalisieren und aktivieren – also erweitert er den Begriff der Kunst, überschreitet er ihre Grenzen. Warhol bleibt der Tradition eher verhaftet, indem er statisch-stille Bilder präsentiert. Deren subtile Formensprache lässt die Betrachtenden jedoch sehend delirieren und Warhols Worte „Es ist nichts dahinter” geradezu erleiden.

13.00 Uhr
Mittagessen

14.00 Uhr
Ende der Akademietagung

Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.

.