Über das Normale
Wer von uns würde sich angesichts der nun seit fast zwei Jahren andauernden Corona-Pandemie in einem Leben unter „normalen“ Umständen wähnen? Wohl die wenigsten.
Das, was vielen zuvor oft als zu gleichförmig, zu monoton vielleicht, und häufig womöglich sogar als langweilig erschien, war das „normale“ Leben. Ein Leben mit meist erwartbaren Zumutungen und Freuden.
Neue Bedingungen traten in der Pandemie an dessen Stelle: Ängste, Aufregung, Gereiztheit – und für nicht wenige von uns noch Schlimmeres.
Nun, nach fast zwei Jahren, sind die Echokammern aus Reiz und Reaktion erschöpft: Kein Raum für Unvorhersehbares ist mehr in uns, keine Zeit mehr für den Blick zurück.
Sehnsucht setzt ein, diesmal auf ein kleines Ziel gerichtet: das „Normale“.
Dieses wünschen wir uns auch für die kommende Akademietagung am 11. und 12. Dezember 2021 zur medialen Selbstdarstellung der Familie Mann.
Reinhold Neven Du Mont, langjähriger Verleger bei Kiepenheuer & Witsch und selbst Autor und Erzähler, hat in seinem aktuellen Band „Glück und Glas“, verlegt in kleiner, feiner Auflage bei Klaus Bittner, die Geschicke der Familie Pringsheim – Familie der Mutter Thomas und Heinrich Manns – in eine seiner Erzählungen hinein verwoben.
Sein „Lob des Normalen“ ist ein Geleitwort zur Tagung „MannsBilder“ – aber auch ein lesenswertes, sehr persönliches Resümee dieser Krise.
Wir wünschen allen Teilnehmenden einen unbeschwerten und nahezu „normalen“ Aufenthalt im Rahmen unserer Tagung. Wir freuen uns auf Sie!
Ein Lob auf das Normale. Wer in einem Ausnahmezustand lebt, sehnt sich danach. Das Besondere ist nicht von langer Dauer, es vergeht. Es hinterlässt eine Erinnerung. Wenn es die Erinnerung an etwas Schönes war, bleibt Wehmut.
Das Normale hat einen Bruder: den Gleichmut. Er braucht nicht die Aufregungen eines Ereignisses. Er kommt – wenn überhaupt – erst mit den Jahren. Für Schicksalsschläge ist der Gleichmütige besser gerüstet als der Angeregte. Der Vorwurf, er sei nicht auf dem letzten Stand, lässt ihn kalt.
Bei Familienfeiern sitzt noch die Ausgeglichenheit am Tisch. Sie ist eine freundliche Dame ohne Alter. Die Meinungen anderer hört sie sich aufmerksam an. Kommen ihr Dummheiten zu Ohren, lächelt sie amüsiert. Radikale wollen sie abschaffen. Das erträgt sie mit Gelassenheit.
Ich wünsche der Thomas Mann-Tagung der Thomas-Morus-Akademie in Zeiten des Ausnahmezustandes einen normalen Verlauf, mit Gleichmut geführte Debatten und ein von Ausgeglichenheit geprägtes Ergebnis.
Reinhold Neven Du Mont
11. bis 12. Dezember 2021 (Sa.-So.)
MannsBilder
Mediale Darstellung und Wahrnehmung der Familie Mann
Akademietagung in Bensberg
9. Dezember 2021 || ein Geleitwort von Reinhold Neven DuMont, Autor und Erzähler
Der langjährige Verleger bei Kiepenheuer & Witsch (1969 bis 2001), ist in den Jahren nach seiner erfolgreichen Arbeit an der Spitze des Verlags auch als erfolgreicher Buchautor in Erscheinung getreten.
Neben seinen Erinnerungen („Mit Büchern und Autoren“, 2016) und einem Buch über seine Heimatstadt Köln („Gebrauchsanweisung für Köln“, 2004) erschienen zwei Romane: „Die Villa“, 2009, und „Die Maskensammler“, 2011.
Nun hat Reinhold Neven Du Mont einen Band mit Erzählungen verfasst.
Glück und Glas – Erzählungen
Hardcover Band (398 Seiten)
Die Tagung leitet Akademiereferentin Felicitas Esser.