Von Trug und Täuschung in der Kunst
Wie jedes Jahr, wurde auch Ende 2025 am 11.11. in den rheinischen Karnevalshochburgen eine neue Session eröffnet – und wenn dann am 12. Februar 2026 in Köln wie andernorts der Straßenkarneval mit Weiberfastnacht beginnt, werden vor allem im Umfeld der Rosenmontagszüge unzählige Masken zu sehen sein. Allerdings: Jenseits der naheliegenden Frage, wer sich wohl hinter der ein oder anderen Larve verbergen mag, beinhaltet die Maske als Thema weit mehr interessante Aspekte und Dimensionen – einigen von ihnen widmet sich das Seminar “Von Trug und Täuschung in der Kunst” am 7.-8. Februar 2026. Vom Bockenberg aus, wo die Thomas Morus Akademie thront, kann man die Kölner Skyline (gute Sicht vorausgesetzt) in der Ferne erkennen. Der Termin im zeitlichen Vorfeld zum närrischen Treiben dort bietet eine Möglichkeit, der Kernphase der “fünften Jahreszeit” mit neuen (Er-)
Kenntnissen und historischem Bewusstsein entgegenzublicken.
An erster Stelle gilt es, die Maske als dinghaftes Phänomen auszuloten, erzeugt sie doch eine Zweiheit, indem sie als Gegenstand etwas anderes, ein menschliches Gesicht zumeist, verbirgt. Darauf verweist die Totenmaske, die ab der Frühgeschichte dazu diente, den Verstorbenen Präsenz für die Lebenden zu verschaffen. Ähnlich nutzen viele Völker die Ritualmasken, um Ahnen, Geistern und Göttern Gegenwart zu verleihen.
Zwar unterströmt das Kultisch-Rituelle die Entwicklung der Maske im hiesigen Kulturraum bis heute, doch wird sie hier, sofern es sich nicht um eine Toten-, Lebend- oder Nutzmasken handelt, anders wahrgenommen. Weil sie der westlichen Vorstellung von einer wahren und einzigartigen Identität widerspricht, gilt uns ihre Doppeltheit prinzipiell vielfach als dubios. Wesenstrug ist daher in vielen Fällen ihre Funktion, wem auch immer sie zu welchen Zwecken dienen mag. Und zwiespältig bis zweifelhaft, wie sie nun mal ist – im Verbund mit einem Gesicht, das sie ‘ver- oder entfremdet’ –, wirkt sie meist witzig und beklemmend zugleich. Gemischte Gefühle also löst die Larve aus: oberflächlich die Lust am schönen oder aufregenden Schein, unterschwellig die Angst vor dem, welches Sein sich darunter verbirgt. “Angstlust” ist daher eine häufige Begleiterin beim Betrachten von Larven: im Theater oder während des Karnevals, wenn andere Identitäten erprobt werden.
Ausgehend von entsprechenden Beispielen der menschlichen Frühgeschichte bis zur Antike, fokussiert das Seminar die Maske als Motiv in der westlichen Kunstgeschichte. Denn in der Bildenden Kunst geht es nicht um den vordergründigen Effekt, sondern um tiefere Bedeutungsschichten, die mit dieser bemerkenswerten Gesichtsbedeckung verbunden sein können.
Hauptsächlich in der Malerei, zuweilen auch im plastischen Bereich, findet sich die Maske als facettenreicher Bedeutungsträger in vielerlei Gestalt, wie folgende Reihe einiger highlights illustriert: beginnend mit Stephan Lochners Kölner “Weltgericht” (ca. 1435); das „Bienenzüchter“-Blatt, um 1568 geschaffen von Pieter Bruegel d. Ä.; Agostino Carraccis Porträt “Der Schauspieler Giovanni Gabrielli” aus dem frühen Barock (um 1599); zwei Zeichnungen Francisco de Goyas von 1796-1797, “Junge Frau, die ihren Rock hochhebt” und “Junge Frau mit Hütchen (Herzogin von Alba)”; James Ensors “Der Einzug Christi in Brüssel” (1888) bis hin zu Andy Warhols Porträt “Gold Marilyn Monroe” aus dem Jahr 1962.
Mit diesen und vielen weiteren interessanten Kunstwerken wartet das Seminar “Von Trug und Täuschung in der Kunst” am 7. und 8. Februar 2026 auf – es erschließt die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten und Bedeutungsnuancen eines Motivs, das uns im Alltag und in Grenzsituationen begegnen kann.
Dr. Karoline Künkler



Francisco Goya, Public domain







