Dem Himmel so nah: Ein Gespräch mit Ingo Brüggenjürgen
Welche Gedanken gehen einem durch den Kopf, wenn man 12 Tage auf dem Fahrrad allein durch die Natur radelt? Welche Geschichten erzählen Berge und Kapellen über Glaube, Geschichte und Menschsein? Im Interview spricht Ingo Brüggenjürgen, Journalist und ehemaliger Leiter des DOMRADIOs, über seine Erlebnisse auf Pilgerreisen, die Bedeutung besonderer Orte und die Kraft der Natur als Raum für innere Einkehr.
Mit persönlichen Anekdoten, faszinierenden Einblicken in die Region des Oberen Vinschgaus und inspirierenden Gedanken gibt er einen Vorgeschmack auf die Ferienakademie „Dem Himmel so nah“. Ein Programm voller einzigartiger Erfahrungen, die Körper und Geist gleichermaßen bereichern.
Lieber Ingo, als Journalist und ehemaliger Leiter des Domradios hast Du oft auch spirituelle Themen behandelt. Wie hat diese Arbeit Deine Sicht auf die Verbindung zwischen Natur, Glauben und Spiritualität geprägt, und wie möchtest Du diese Perspektive in die Ferienakademie „Dem Himmel so nah“ einbringen?
Für das DOMRADIO habe ich in den letzten Jahren im Sommer immer eine Pilgerreise mit dem Rad unternommen und natürlich davon multimedial berichtet. Wenn man 12 Tage im Sattel sitzt und jeden Tag mit dem Biobike gut 100 Kilometer pro Tag abstrampelt, hat man viel Zeit zum Nachdenken und noch mehr Zeit Gottes wunderbare Schöpfung zu erleben. Das war für mich oft wie ein wunderbarer Gottesdienst – total meditativ und gleichzeitig auch sehr aktiv. Eine unglaublich schöne Erfahrung. Hier kommen Körper und Seele wirklich zusammen! Klar, es ist auch anstrengend. Aber hier gilt: Alle Mühe lohnt – wie beim Bergsteigen. Natürlich könnte man sich auch mit einem Hubschrauber auf den Gipfel bringen lassen – aber nur wer selber zum Gipfelkreuz hochgekraxelt ist, ist wirklich dem Himmel ein Stück nähergekommen. Dieses Gefühl möchte ich gerne weitergeben.
Die Bibel und viele andere religiöse Texte schildern Berge als Orte besonderer Gotteserfahrungen. Welche persönlichen Erlebnisse oder Geschichten verbindest Du selbst mit dieser Symbolik der Berge?
Berge wurden schon zu allen Zeiten von uns Menschen mit religiösen Erfahrungen in Verbindung gebracht – ob als Kult-oder Opferstätten oder in dem man eben eine Kapelle oder ein Gipfelkreuz dort aufstellte. Ich habe in den vergangenen Jahren viele Höhenmeter erklommen – mal mit dem Rad – mal auf Schusters Rappen. Keine spektakulären Gipfel, wo sich die Expeditionen in die Hacken treten. Nein – oft einsame Wege und Pfade, wo man ungefährlich nach oben gelangt. Ich bin z.B. im Berner Oberland in einer Vollmondnacht in der Karwoche auf das schneebedeckte Faulhorn hochgelaufen. Eiskalt – aber pünktlich zum Sonnenaufgang war ich auf dem Gipfel. Mein Ostermorgen – das kann ich gar nicht mit Worten beschreiben. Man ist wie ein winziges Staubkörnchen in Gottes weiter Natur – mutterseelenallein und doch mit allen und in allem verbunden. Ich war ergriffen, gerührt – begeistert und Tränen der Erschöpfung und der Freude kullerten, die aber am Handschuh wenige Augenblicke später schon wieder Eistropfen waren…
Als Journalist bist Du geübt darin, Eindrücke und Geschichten einzufangen. Gibt es bei dieser Reise Momente oder Orte, von denen Du glaubst, dass sie für die Teilnehmenden besondere Geschichten oder Reflexionen bereithalten?
Wir werden z.B. eine wunderschöne kleine Kapelle in gut 2000 Meter Höhe erobern. Als mir vor zwei Jahren der Benediktinerpater Pius diese Kapelle aufschloss und zeigte, war ich total überrascht. Von außen eine ganz einfache Kirche, in ziemlich desolatem Zustand: Wind und Wetter haben in den Jahren deutliche Spuren hinterlassen. Aber in der St. Nikolaus Kapelle – all diese wunderbaren total lebendigen alten Fresken – ein himmlisches Jerusalem. Das berührt Jede und Jeden. Garantiert!
Die Region des Oberen Vinschgaus ist reich an historischen und religiösen Stätten, wie z. B. das Kloster Marienberg oder die versunkene Kirche im Reschensee. Wie können diese Orte, Deiner Meinung nach, Brücken zwischen der Vergangenheit und der heutigen Zeit schlagen?
Wenn man den Kirchturm von Graun, versunken im Stausee des Reschensees sieht, braucht es nicht viel, um aktuelle Bezüge zu finden. Unsere Kirche heute – ein versinkendes Boot – einfach aus der Zeit gefallen? Wird heute nicht mehr gebraucht – oder? Aber all diese Wunderwerke der Technik – vom Stausee der die Stromversorgung sichert bis zu den digitalen Clouds, in denen Datenberge von uns Menschen gesammelt und verarbeitet werden – bringt uns das dem Himmel näher? Wir Menschen haben eine Seele – für uns Christen eine unsterbliche Seele. Die will gepflegt werden. Es tut unheimlich gut, wenn man von Zeit zu Zeit Körper und Geist auftankt. Selbst schwer beladene Seelen werden dann leichter – bekommen Flügel. Ich kann nur allen diese Auszeiten in Gottes schönem Garten ans Herz legen – ob der Spaziergang durch den Stadtpark – die Radtour durch Wiesen und Felder, oder eben eine wunderbare Wanderung in den Bergen, wie unser Angebot im Mai.
Welche der geplanten Wanderetappen ist für Dich persönlich am faszinierendsten? Wann, wie und wo hast Du vielleicht selber schon einmal das Gefühl gehabt, dem Himmel ein Stück näher zu sein?
Ein befreundeter Bergführer, der die Region noch besser kennt als ich, meinte, da reiht ihr aber ein Highlight an das andere. Ich weiß wirklich nicht, ob ich eine Lieblingsetappe habe, es ist ja auch immer ein wenig vom Wetter abhängig. Aber das Vinschgau hat im Jahresdurchschnitt die meisten Sonnenstunden Europas und dann noch im Wonnemonat… Ich will ja nicht zu viel versprechen, aber immer wenn ich in der Region im Urlaub war, war schon am ersten Tag die lange Anreise vergessen und ich fühlte mich erleichtert, wirklich dem lieben Gott und dem Himmel ein wenig näher. Ich kann nur einladen, dass selber mal zu versuchen…
Lieber Ingo, vielen Dank für dieses, im wahrsten Sinne des Wortes, inspirierende Gespräch!
UNSERE EMPFEHLUNG:
12. bis 18. Mai 2025 (Mo.-So.)
Dem Himmel so nah
Wandern im Vinschgau mit Ingo Brüggenjürgen