Was macht eigentlich in dieser Zeit … Dr. Stamatis Lymperopoulos

Delphi und Berlin trennen „nur“ rund 2500 km oder drei Flugstunden. Mit Ausbruch der Pandemie war die Distanz für Dr. Stamatis Lymperopoulos jedoch unüberbrückbar.
So „strandete“ der Archäologe und Historiker, der seit 1993 mit der Akademie verbunden ist, an der Spree – und vermisst nicht nur seine Heimat, sondern auch sein Engagement im Tourismus und regionalen Kulturmanagement. Einblicke in seine aktuelle Situation gibt er hier im Gespräch mit Akademiereferentin Elisabeth Bremekamp.

Stamatis, eigentlich wolltest Du mit Deiner Frau Lore in Berlin nur Deine Kinder und Dein Enkelkind Leo in Berlin besuchen. Und dann änderte das Virus alle Pläne, sodass Du seit März nicht nach Delphi zurückkehren konntest. Wie hast Du diese Zeit hier in Deutschland fern der Heimat erlebt?
Wir waren so häufig wie es ging mit der Familie zusammen, viele Spaziergänge haben wir unternommen, gelesen … Nun waren wir in der Großstadt – und konnten doch die Vorzüge nicht nutzen. Allerdings halfen uns – wie vielen – die virtuellen Möglichkeiten.

Natürlich bist Du mit Freunden, Bekannten und Verwandten in Griechenland gut vernetzt. Was hörst Du aktuell von dort?
In Griechenland hat man ja recht frühzeitig und sehr konsequent mit strikten Maßnahmen reagiert. Somit konnte eine große Ansteckung vermieden werden. Es ist jedoch den Menschen dort sehr schwergefallen, sich einzuschränken. Denn auch an Ostern oder am Wochenende konnten sie nicht wie gewohnt in die Dörfer fahren, die Verwandten besuchen … Aber sie haben es akzeptiert. In meiner Region hat es nicht eine Corona-Infektion gegeben. Jetzt kehrt man langsam aber sicher zur Normalität zurück und beginnt mit großer Gespanntheit, sich für die restliche touristische Saison vorzubereiten.

Was hast Du hier in Deutschland in den vergangenen Monaten am meisten vermisst?
Ostern wäre ich in Delphi gewesen, dort hätte es traditionelle Grillfeuer gegeben und wir hätten uns auf dem Parnass an den ersten Blütenteppichen zum Beginn des Frühlings erfreut. Bisher waren wir jedes Jahr dort oben in den Bergen und haben mit vielen zum ersten Mal gegrillt. All‘ dies war nun nicht möglich. Das haben wir sehr, sehr bedauert.

Gibt es etwas, das Dir vielleicht gerade in dieser „Corona-Zeit“ besonders ans Herz gewachsen ist, das Dich stärkt?
Es war für mich am Anfang ein Schock, wie für viele Menschen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Griechenland und in allen Ländern Europas. Als ich die Zahlen aus Italien und nicht nur von dort hörte, informierte ich mich natürlich fortlaufend. Die hier in Berlin angeordneten Maßnahmen waren auch für uns schwer einzuhalten. Denn wie viele Großeltern konnten auch wir unser Enkelkind gar nicht sehen. Aber es hat sich gezeigt, dass es richtig war. Als die ersten Tage vorbei waren, habe ich beschlossen, das Beste daraus zu machen und die Maxime meiner Vorfahren „Erkenne Dich selbst“ genauer zu befolgen. So erinnerte ich mich an meinen Professor an der Universität, der immer die evolutionäre Entwicklung der griechischen Demokratie und die individuelle Freiheit mit dem Aufwachen und Aufrechtgehen eines kleinen Kindes verglich. Es war der weltbekannte Professor Dr. Bruno Snell, der das Buch „Die Entdeckung des Geistes bei den Griechen“ schrieb und auch Gründer des Homer- und Hippokrates-Lexikons in der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen ist, das es bis heute gibt. Ich war erstaunt darüber, wohin mich meine Gedanken und die geistige Auseinandersetzung antrieben. Aber zuerst hat mein Enkel Leo dazu beigetragen, den wir per Chat beobachten konnten, wie er die Welt für sich entdeckt. Natürlich war es dann das Schönste, als wir uns wieder im Park trafen und somit sahen, welche Fortschritte er gemacht hatte; vorher hatten wir diese nur virtuell verfolgen können.
Und noch eine Beschäftigung hat uns geholfen die Auszeit zu überbrücken: Denn wir haben nicht nur für Seele und Geist gesorgt, sondern auch das „leibliche Wohl” nicht vergessen. So sind wir zu wahren Meisterköchen geworden: Vegetarische, deutsche und griechische Küche, aber auch international – wir haben alles ausprobiert und genossen.

Im vergangenen Jahr hast Du ja für das Amt für Tourismus und Kultur in der Region Delphi mit Hauptsitz in Amfissa (früher „Nomarchie Fokis“ ) kandidiert – und gewonnen. Welche Projekte konntest Du schon auf den Weg bringen? Was nimmst Du als Nächstes in Angriff, wenn Du wieder vor Ort bist?
Zunächst sind erste Ansätze für den Ausbau des Wanderwegnetzes in meiner Region mit Kartenerstellung und Ausschilderung vorbereitet worden. Für mich außerordentlich wichtig ist die Erweiterung des kulturellen Angebots und die damit verbundene Nutzung des antiken Theaters in Delphi (wie auch in Epidauros und Athen). Dazu muss allerdings das weltberühmte Theater in Delphi zunächst untersucht und restauriert werden, sodass es tatsächlich für Aufführungen nutzbar sein kann. Hier versuche ich nun, Geldgeber zu aktivieren, die dieses Projekt mittragen, da die finanzielle Situation in Griechenland weiterhin keine Freiräume für solche Projekte hat.

Dein Herz schlägt auch für die „griechische Olive“. Was macht diese so besonders? Und: Worauf sollte beim Kauf beispielsweise eines griechischen Olivenöls geachtet werden?

Wikicommons, Olaf Tausch, CC BY 3.0,

Ein etwa 3.250 Jahre alter Olivenbaum auf Kreta.

Ich bin als Kind in den Olivenhainen aufgewachsen. Die Olive – und damit auch das Olivenöl – ist für mich eines der wichtigsten Lebensmittel. Nichts wurde verschwendet: Was bei der Pressung übrigbleibt, konnte als Dünger wieder auf die Felder gebracht werden, das ältere Olivenöl wurde zu Seife verarbeitet, wie es meine Mutter immer gemacht hat. Und wie sie, achten auch wir heute darauf, wann und bei wem wir die Oliven zu Öl pressen lassen. Das ist das Wichtigste beim Olivenöl, nur so kann man eine zufriedenstellende Qualität garantieren. Und während meines langen Aufenthaltes auf Kreta habe ich das dortige Öl besonders schätzen gelernt, denn es ist durch den niedrigen Säuregehalt besonders schmackhaft. Bei jeder Flasche Olivenöl aus Griechenland muss ein Etikett auf den Säuregehalt hinweisen: 0,3 – 1,2 ist ein Hinweis auf eine gute Qualität, wie ich finde.

Bilder:
Titelbild: Delphi, Panorama, Tamara Semina / CC BY-SA 3.0

14. Juni 2020 ||  Dr. Stamatis Lymperopoulos ist Archäologe Philologe und Historiker. Unter seiner Leitung sind die Ferienakademien „Inspirierend. Insel Lefkas. – Natur, Geschichte, Tradition“ (29.9-6.10.2020) und „Sonneninsel Rhodos – Kulturgeschichte und Landschaft“ (13.-20.10.2020) geplant.

Das Interview mit Dr. Stamatis Lymperopoulos führte Elisabeth Bremekamp, Referatsleiterin Ferienakademien.