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Pilgern mit dem Fahrrad

Fahrradfahren ist Trend und genießt hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Es steht im Kontext einer Lebenshaltung, die Umwelt und Heimat bewusst wahrnimmt und sich mit dem Gedanken der Bewahrung der Schöpfung verbindet. Für die Beliebtheit des Pilgerns gilt Vergleichbares. Vor Kurzem noch als Relikt frommer Kirchenschäfchen belächelt, ist es heute der Inbegriff eines reflektierten und bewussten Zu-sich-selbst Kommens – Pilgern eben – und das nicht nur bei gläubigen Zeitgenossen. Was liegt also näher, dieser beiden Welten miteinander zu verbinden und ihre dynamische Spannung zu nutzen: Radfahren bewegt den Körper und lässt den Geist zur Ruhe kommen, Pilgern lenkt über das Außen den Blick ins Innen, sucht über die Anspannung die Entspannung. Zwar ist Radfahren nicht Apriori religiös, bietet aber ideale Offenheit und Anschlussmöglichkeit für spirituelle Er-Fahrung.

Die Erweiterung des Radius und der Streckenlänge, aber auch die Eigenart und der Charakter des Pilgerns mit dem Rad eröffnet neue Gestaltungsräume. Fahrradfahren ist eine besondere Form der Weltaneignung und der Landschaftserfahrung, geprägt durch Unmittelbarkeit der Eindrücke und menschengerechte Geschwindigkeit. Sonne und Licht, Wind und Wetter, jeder Berg, jede Abfahrt gehören dazu. Man lernt, Himmel und Landschaft zu „lesen“. Beim Radpilgern transportiert man sich nicht von A nach B, sondern genau das Dazwischen, der Zwischenraum, die Zwischenzeit ist konstituierendes Moment. Eine Fahrt durch eine einsame Wald- und Felderlandschaft, bei der man an einer kleinen Andachtsstelle vorbeikommt, kann Eindrücke vermitteln, die Innen und Außen verschmelzen lassen. Der Unterschied zum Wandern liegt in einer besonderen Form fließender Bewegung, quasi durch Landschaftsräume zu gleiten.

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Pilgern mit dem Fahrrad verbindet sich mit den Erwartungen der Menschen nach Freizeit- und Unterhaltungsformen, die niederschwellig und individuell wahrgenommen werden können, die Bewegung bieten und Nah-Räume erschließen, allein oder in der Gruppe. Dabei ist das Spektrum möglicher Ziele, Inhalte und Themen praktisch unbegrenzt.

Radpilgern eröffnet Kirchenlandschaften. Kirche als gesellschaftlich älteste Institution ist flächendeckend verbreitet, besitzt ein hohes Kulturpotential und ist nach wie vor Ort und Symbol von Heimat. Radpilgern kann hier neue Dimensionen und Zugänge vermitteln, aus denen sich überraschende eigene spirituelle Erfahrungsräume entwickeln, jenseits von kirchlichen Zugehörigkeiten.

Nähere Informationen unter: www.rheinland-pilgern.de

Bildnachweis:

Bild von Udo Wallraf © Marcus Laufenberg
Bilder vom Fahrrad-Pilgern: Udo Wallraf

28. Dezember 2021 || ein Beitrag von Dr. Udo Wallraff, Leiter Medienkompetenz Zentrum des Erzbistums Köln