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Frauen predigen.

Rund um den 17. Mai wird es voll in der Social-Media-Blase der katholischen Frauen. Der Hashtag #predigerinnentag und #junia taucht immer wieder auf, in Kombination mit der Ankündigung von Gottesdiensten, in denen Frauen predigen. Von der kfd wird anlässlich des Gedenktages der Apostelin Junia in diesem Jahr zum vierten Mal der bundesweite Predigerinnentag ausgerufen – eine Kampagne, die Frauen in der Verkündigung sichtbar machen will. Und so ermutigend es auch ist, rund um den Juniatag so viele Frauenpredigtorte zu veröffentlichen, so desillusionierend ist gleichzeitig, dass offensichtlich immer noch die Notwendigkeit eines solchen besonderen Anlasses besteht.

Frauen predigen. Nicht mit Ausrufezeichen, sondern mit Punkt. Ja, das tun sie, und zwar nicht nur am Tag der Junia, der wiederentdeckten Apostelin, sondern immer, durchs ganze Kirchenjahr. So wie die Junia immer eine Junia war und nicht erst im Nachhinein zur Apostelin gemacht wurde, haben Frauen immer schon und durch die (Kirchen-)Geschichte hindurch das Wort Gottes verkündigt. Sie werden nur weniger wahrgenommen. Und durch Formulierungen des Kirchenrechts in den Hintergrund gedrängt. In der pastoralen Praxis erfolgt immer wieder und schon lange auch die Auslegung der Heiligen Schrift durch Frauen, sowohl im Haupt- als auch im Ehrenamt, teilweise verschoben an weniger verfängliche Stellen im Ablauf der Eucharistiefeier, z.B. zu Beginn des Gottesdienstes unter dem Kunstbegriff „Statio“, nach der alt- oder neutestamentlichen Lesung, oder als Meditation bezeichnet an anderer Stelle im Gottesdienst. Am gewohnten Ort nach der Lesung des Evangeliums halten Frauen schon lange die Katechese – faktisch ist das nichts anderes als die von höchster Stelle den Lai*innen untersagte Homilie in der Eucharistiefeier, dreht sie sich doch selbstverständlich um den Inhalt des Evangeliums und zwar durchs ganze Kirchenjahr hindurch, denn Frauen sind gerade nicht ausschließlich auf die Frauenthemen der Bibel abonniert, sondern teilen ihre ureigene Sicht auf das Leben und die Botschaft Jesu.

Jesus selbst wäre im Übrigen kaum überrascht von weiblichen Verkündigerinnen, denn seine Jüngerschaft war entgegen der landläufigen Darstellung durchaus nicht rein männlich. Aber Sprache schafft Wirklichkeit, und genauso wie aus Junia Junias wurde, sobald man(n) im Mittelalter bemerkte, dass diese lang tradierte und von den frühen Kirchenvätern ohne Zögern akzeptierte Apostelin ein Problem werden könnte bei der Beibehaltung des eingeschränkten Zugangs zum Weiheamt, lässt die Rede von den Jüngern und den Aposteln eine ausschließlich männliche Gruppe vor Augen treten. Dass dies nicht so war, belegen die wenigen, aber deutlichen Stellen in den Evangelien über Maria von Magdala, die offenbar dem Herrn so nahe stand, dass sie von keinem der Evangelisten verschwiegen werden konnte, und anderer Frauen, z.B. Johanna, die Frau des Chuzas, die aufgezählt wird unter denen, die Jesus nachfolgen (Lukas 8,3). Dass die Ehefrau eines Königsbeamten ihren Haushalt einfach stehen und liegen lässt und einem Wanderprediger folgt, war auch damals nicht üblich. Und Johanna wird ihm nicht gefolgt sein, ohne dazu gerufen worden zu sein, zu groß wäre dieser Affront gegenüber ihrer gesellschaftlichen Position. Jesus wird sie ausdrücklich angesprochen haben – aber über ihre Berufungsgeschichte wird leider nichts überliefert.

Mit der großartigen Theologin Annette Jantzen, die diese nicht erzählten Leerstellen mit ihren Erklärungen und Texten Sonntag für Sonntag ausfüllt als @gotteswortweiblich, darf davon ausgegangen werden, dass es sich bei den männlichen Evangelisten wohl kaum um Feministen gehandelt hat, und dass diese deshalb keinen Anlass sahen, die Rolle der Frau in der damaligen Zeit zu stärken. Dass die Frauen dennoch vorkommen, kann also nur auf die Realität zurückzuführen sein, die eben auch völlig nachvollziehbar annehmen lässt, dass Paulus bei der Erwähnung von Junia (Römer 6,17) auch wirklich von einer Frau als Apostelin schrieb und – obwohl auch er kein Feminist war – nicht darüber stolperte.

Der Predigerinnentag rund um den Gedenktag der Apostelin Junia ist deshalb für mich als solcher kein Grund zum Feiern, auch wenn ich es sehr begrüße, dass hier so viele Frauen endlich sichtbar werden. Trotzdem schafft Sprache auch hier Wirklichkeit und macht sozusagen eine Ausnahme aus der Regel. Ich feiere alle Frauen, die verkündigen – zu jeder Gelegenheit, in so vielen Gottesdiensten, in vielerlei Liturgieformen, in der analogen und in der digitalen Kirche.

Wir sind viele! Nicht nur rund um den Junia-Tag. Hear me roar! Ohrwurm dazu? Hellen Reddy, I am Woman.

22. Mai 2023 || ein Beitrag von Daniela Ballhaus, Theologin, arbeitet als Bildungsreferentin beim kfd-Diözesanverband Köln