Auf ein Wort mit … Thyra Holst

Thyra Holst ist Künstlerin und Haupt-Initiatorin des im Jahre 2018 gegründeten Vereins kulturdialog e.V.. Eines der Hauptziele des Vereins ist die Förderung des kulturellen Austauschs in friedlichem und gleichberechtigtem Miteinander durch künstlerische Mittel. Liebe Frau Holst, wir eröffnen am 16. Mai in der Thomas-Morus-Akademie in Zusammenarbeit mit dem Rheinisch-Bergischen Kreis die Ausstellung „Faces of Us“. Es ist ein von Ihnen initiiertes länderübergreifendes, internationales Kunstprojekt, das sich in besonderer Weise für Vielfalt und Respekt einsetzt.

Wie sind Sie auf die Idee zu dieser internationalen Zusammenarbeit gekommen?

Eigentlich war ich das gar nicht selbst, sondern sie wurde mir in die Wiege gelegt. Mein Vater war für die Firma Bayer tätig und brauchte oft Geschäftsbesuch aus dem Nahen Osten mit. Ich fand das immer toll und erinnere mich sehr gerne daran, denn die Besucher sahen anders aus, besonders im Gesicht, sie waren anders gekleidet und sie sprachen Englisch. Wir Kinder verstanden sie meist, obwohl wir Englisch noch nicht in der Schule lernten.

Die in Deutschland sich ausbreitende Respektlosigkeit gegenüber Menschen aus anderen Kulturen hat mich sehr schockiert. Sie wurde nach meinem Eindruck sogar salonfähig. Wie das zurzeit ist, kann ich nicht beurteilen, da ich Umgang meide, da ich Situationen meide, in denen ich Rassismus erleben würde.

Jedenfalls war es für mich klar, dass ich mich positionieren und dazu beitragen möchte, dass unsere Gesellschaft einen respektvollen Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen entwickelt und dass wir die Chancen und die Bereicherung erkennen, die Vielfalt uns bietet, und zwar nicht nur in Flora und Fauna, sondern auch im menschlichen Zusammenleben.

Ich fasse mich kurz: Kunst ist eine emotionale Sprache, die unsere Seele direkt erreicht, ohne den Umweg des Widerspruchsgeists. Und schon war die Idee geboren, Künstler*innen und Künstler aus aller Welt zu Kunstprojekten einzuladen.

Sie sind in diesem Projekt auf der einen Seite „Projektmanagerin“ und Ausstellungsmacherin, aber auch als Künstlerin selbst tätig. Wie lassen sich diesen beiden Rollen miteinander vereinbaren bzw. voneinander trennen?

Ja, das ist nicht immer ganz einfach, denn die beiden Rollen sind natürlich mit Arbeit verbunden. Und die Deadlines, die die Projektmanagerin setzt, muss die Künstlerin einhalten. Und natürlich hilft mir meine eigene Künstlertätigkeit dabei, empathisch auf die Künstler einzugehen.

Und ich finde es ist ein großes Pfund, sich mit Künstlern zu vernetzen und mit ihnen zusammen zu arbeiten. Ich liebe die Herausforderung in Künstler-Duos zu arbeiten und tue das mit Khawar Saleem (Modedesigner, Pakistan) und Anjan Ghosh (Fotograf, Indien). Für mich ist die Doppelrolle mit allen Herausforderungen eine runde Sache.

Wie entstand das Vorhaben „Faces of Us“?

Es ist das Ergebnis einer Teamarbeit. Als unser erstes Projekt „Kulturen im Dialog – Brücken bauen und Mauern einreißen“ zu Ende ging, wollte ich eine kleine Verschnaufpause einlegen. Irgendwie war aber so viel Drive in der Sache, dass quasi ganz von alleine Online-Meetings folgten, in denen Anjan Ghosh (Indien), Helen Panasiuk (Ukraine) und ich überlegten, mit welchen Konzept wir ein neues Projekt starten könnten.

Wir sahen sofort die gemeinsamen Nenner „Portraits“ und „Unterschiedliche künstlerische Techniken“. So hatten wir nach kurzer Zeit das Konzept für „Faces of Us“ fertig. Dazu hat Shah Mardan (Pakistan) unsd einen sehr emotionalen Text geschrieben und das Logo entwickelt.

Bei der internationalen Zusammenarbeit geht es auch um die Erfahrung und die Überwindung kultureller Grenzen. Sprache ist heute meist keine Grenze mehr. Welche Schwierigkeit galt es trotzdem bei der Zusammenarbeit der Künstlerinnen und Künstler zu überwinden?

Ach wissen Sie, wir Deutschen sind schon etwas speziell. Skills wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und vorausschauende Planung werden bei uns ganz groß geschrieben und ich mag das. Und gleichzeitig sind dies auch die Reibungspunkte der internationalen Zusammenarbeit. Und auch das mag ich, denn ich lerne von meinen Partner*innen und Partnern, die Kirche auch mal im Dorf zu lassen. Unser „höher, schneller, weiter“ ist ja längst an seine Grenzen gekommen und es tut mir gut, mir eine dicke Scheibe Gelassenheit abzuschneiden, auch wenn mir das nicht immer leicht fällt.

Neben den Künstlern aus fünf Ländern kommt immer noch ein regionaler Künstler hinzu, der das Ausstellungskonzept ergänzt. Das ist in diesem Fall Frank Heller aus Bergisch Gladbach. Auf welche Weise passt er gut in das Ausstellungskonzept?

Frank Heller trägt seine 24 Tronies bei. Es handelt sich um Skizzen, die Maler seit jeher für spätere Werke und zur Übung anfertigen. Franks Tronies ergänzen die Ausstellung in einer ganz besonders schönen Art und Weise. Sie passen farblich, sind sehr vielfältig und zeigen sich bei jedem Hinsehen wieder von einer neuen Seite. Ich finde sie sehr anrührend und bin froh, dass wir sie präsentieren können.

Ganz besonders freuen wir uns auf die Bilder von Volodymyr Beliakovich aus Kiew in der Ukraine. Was macht seine Teilnahme so besonders?

Ich kenne die internationalen Künstler alle über Facebook und auch Volodymyr habe ich dort getroffen. Er begann eine Woche nach Kriegsausbruch, seine Arbeiten zum Kauf anzubieten, um die Armee und Bedürftige unterstützen zu können. Ich habe mich für 4 Arbeiten entschieden, von denen drei Portraits sind. Die große Abstraktion und auch das Format seiner Arbeiten hatten wir bisher nicht in der Ausstellung und meiner Meinung nach sind sie in zweierlei Hinsicht ein Highlight: Künstlerisch und als laute, stumme Mahnung der Menschlichkeit – in Form von Gesichtern – gegen diesen Krieg.

Sehr geehrte Frau Holst, wir danken Ihnen für das Gespräch und freuen uns auf die Ausstellung in der Thomas Morus-Akademie!

Das Interview führte Andreas Würbel, Akademiereferent.

Faces of us-Kunstausstellung in Bensberg-Mehr im Blog der Akademie

16. Mai 2022 (Mo.)
„FACES OF US“
Porträts erzählen von Vielfalt und Respekt
Eröffnung der 86. Kunstbegegnung Bensberg

Einmal im Monat erscheint „Auf ein Wort mit…“ und stellt interessante und engagierte Personen vor, mit denen die Akademie auf unterschiedliche Weise verbunden ist. Gesprochen wird über Gott und die Welt, über Kunst und Kultur, über Aktuelles aus Gesellschaft und Kirche ….

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8. Mai 2022 || ein Gespräch mit Thyra Holst, Künstlerin, Projektleiterin bei kulturdialog e.V.