Relief mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige mit den wieder ergänzten Fragmenten, Köln, Museum Schnütgen. Foto: Rheinisches Bildarchiv, Marion Mennicken

Arnt der Bilderschneider – Meister der beseelten Skulpturen im Museum Schnütgen

Von dem zwischen etwa 1460 und 1491 tätigen Meister, dessen Namen wir aus mehreren schriftlichen Dokumenten kennen, sind große und kleinere Altarretabel sowie zahlreiche einzelne Figuren erhalten – manche davon befinden sich in bedeutenden Museen Europas, viele aber auch an ihrem ursprünglichen Bestimmungsort in verschiedenen Kirchen am Niederrhein und den heutigen Niederlanden. Sein erhaltenes Werk zeichnet sich durch die herausragende künstlerische Qualität und durch eine außergewöhnliche Lebendigkeit der dargestellten Figuren und Geschichten aus.

Anlass für die Ausstellung bot eine Anfang 2019 möglich gewordene Neuerwerbung: dem Museum Schnütgen gelang es, vier bislang verschollene Fragmente anzukaufen, die ursprünglich zum großen Relief mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige von Meister Arnt gehörten, das sich bereits seit 1993 im Kölner Museum Schnütgen befindet. Dieses um 1480 geschnitzte Meisterwerk besticht durch seine spannungsreiche Komposition mit zahlreichen individuell gestalteten Figuren. Durch die Neuerwerbung kommen am rechten Rand des Reliefs drei weitere Figuren hinzu: ein kniender Diener, der gerade ein Geschenk für das Jesuskind aus einer Tasche auspackt sowie zwei weitere Begleiter der Könige, die einander im Gespräch zugewandt und zugleich auf Maria mit dem Jesuskind im Zentrum des Bildes ausgerichtet sind. Diese nun wieder hinzugekommenen Figuren geben uns einen vollständigeren Eindruck der ursprünglichen Komposition und der Erzählfreude des Bildes. Meister Arnt und seine Zeitgenossen schmückten die biblischen Geschichten gerne um zahlreiche Details aus und machten sie damit anschaulicher und spannender. Während aus dem Bildhintergrund das Gefolge der Könige in einem langen Zug mit Pferden und Kamelen eintrifft, lässt uns Meister Arnt mit der am vorderen Rand knienden Figur ganz aus der Nähe am Auspacken eines weiteren Geschenkes teilhaben.

Die Figur eines Dieners, die dem Relief mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige nun wieder hinzugefügt werden konnte, Köln, Museum Schnütgen. Foto: Rheinisches Bildarchiv, Marion Mennicken

Ein weiteres, wesentlich größeres Hauptwerk von Meister Arnt, der Georgsaltar aus der Nicolaikirche in Kalkar, wurde ebenfalls im Vorfeld der Ausstellung aufwendig restauriert. Seine außergewöhnlich gut erhaltene Farbigkeit erstrahlt nun wieder in neuem Glanz. Erstmals wird das große Retabel, das die Legende des heiligen Georg in zahlreichen lebendigen Szenen darstellt, in einer Ausstellung zusammen mit weiteren vorzüglichen Schöpfungen aus Arnts Werkstatt zu sehen sein.

Mittelschrein des Georgsretabels, Kalkar, St. Nicolai. Foto: Stephan Kube, Greven

Die lebhaften Reliefbilder werden in der Ausstellung mit den oft etwas ruhiger wirkenden, zugleich aber besonders ausdrucksstarken Einzelfiguren Meister Arnts in Dialog treten. Gleich zu Beginn der Ausstellung soll eine Bischofsbüste aus der Nicolaikirche in Kalkar die Besucher*innen auf die Kunst von Meister Arnt einstimmen, denn sie vereint gleich mehrere charakteristische Aspekte. Da ist zunächst die exquisite ursprüngliche Farbfassung, welche die Mitra des Bischofs rotgolden schimmern lässt und zudem durch verschiedenste plastische Schmucktechniken verfeinert wurde. Hinzu kommt die ausdruckvolle Physiognomie des Bischofs, der mit seinem fast besorgten, in die Ferne gerichteten Blick wahrhaft wie lebendig erscheint.

Schließlich ist aber auch der Umstand hervorzuheben, dass die Büste offenbar gar nicht als Büste konzipiert war, sondern als Standfigur, die erst zu späterer Zeit abgesägt und damit zur Büste umgestaltet wurde. Viele der Werke von Meister Arnt haben sich in veränderter Form erhalten, sei es durch Fragmentierungen, wie beim Relief mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige, oder durch bewusste Überarbeitungen der Form oder der Farbfassung.

Bischofsbüste, Kalkar, St. Nicolai. Foto: Stephan Kube, Greven

Die Auseinandersetzung mit dem noch weithin unbekannten Oeuvre Arnts von Kalkar und Zwolle ist auch eine aufregende Spurensuche. Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Meister Arnt sind in einem umfangreichen, mit vielen neu angefertigten Fotografien bebilderten Katalog zusammengetragen, der begleitend zur Ausstellung erscheint und schon jetzt für 35 € über den Museumsshop (per Email an ) zu beziehen ist. Die Vorbereitungen der Meister-Arnt-Ausstellung werden in der Zeit der Schließung des Museums fortgesetzt, um die Sonderausstellung möglichst bald eröffnen zu können.

23. April 2020 || Beitrag von Volker Hille, Wissenschaftlicher Volontär im Museum Schnütgen – Kunst des Mittelalters, Köln