Wie werden Entscheidungen gefällt, wie der richtige Moment erkannt? Warum werden Vorsätze getroffen, um hinterher nicht eingehalten zu werden? Im Rahmen des festlichen Jahreswechsels in Bensberg „Jetzt! … oder nie? – Entscheidende Momente. Von der Gunst der Stunde.“ werden diese Fragen unter anderem aus neurowissenschaftlicher Perspektive betrachtet. Dazu und vorab war die Psychologin Dr. Bettina Studer, die Gesprächspartnerin bei der Neujahrsmatinee am 1. Januar 2019 sein wird, im Gespräch mit Referent Dr. Michael Hartlieb:

Frau Dr. Studer, Sie sind Leiterin der Forschung und Entwicklung in der St. Mauritius Therapieklinik in Meerbusch. Was genau umfasst dort Ihr Aufgabenbereich?

Die St. Mauritius Therapieklinik ist eine neurologische und neuropädiatrische Rehabilitationsklinik und trägt, auch in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, durch aktive Forschung zur Entwicklung der Rehabilitationsmedizin bei. Durch wissenschaftliche Untersuchungen überprüfen wir die Wirksamkeit aktueller Behandlungsstrategien und entwickeln neue Therapieansätze. Ein Forschungsschwerpunkt liegt in der Frage, wie Trainings- und Gesundheitsverhalten von Patienten gesteigert werden können, um sowohl den kurzfristigen wie auch den langfristigen Erfolg der Rehabilitation zu stärken. Dabei nutzen wir aktuelle neurowissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie unser Gehirn Entscheidungen trifft, um neue wirkungsstarke Motivationswerkzeuge und Therapieformen zu entwickeln.

Sie beschäftigen sich unter anderem mit den Problemen der Entscheidungsfindung. Wie sind Sie zu diesem Themengebiet gekommen – und wo liegen Ihre Schwerpunkte?

Mit dem Thema Entscheidungsfindung befasse ich mich seit zehn Jahren, erst im Bereich der Grundlagenforschung und nun durch anwendungsorientiertere Forschung. Beide Bereiche faszinieren sehr. In der grundlagenorientierten Forschung habe ich mich zum Beispiel mit den Fragen „Wie trifft unser Gehirn Entscheidungen?“ und „Wie werden verschiedene entscheidungsrelevante Informationen im Gehirn verarbeitet und integriert?“ beschäftigt. In meiner jetzigen Forschung geht es hauptsächlich um die Frage, warum wir daran scheitern, Entscheidungen und Vorsätze (z.B. Trainingspläne) auch umzusetzen, und wie wir Menschen dabei helfen können, solche (Motivations-)Hürden zu überwinden.

Was macht es denn für viele Menschen so schwer, sich für etwas zu entscheiden – und diese Entscheidung dann auch zu verfolgen?

Entscheiden ist eigentlich nicht schwer. Wir treffen jeden Tag eine Vielzahl an Entscheidungen, oft sogar ohne uns richtig darüber bewusst zu werden. Zum Beispiel, ob wir gerade die Straße überqueren sollen, was wir dem Nachbarn im Flur erzählen, welches Produkt wir im Supermarkt kaufen, und, und, und. Schwer fallen uns Entscheidungen dann, wenn diese uns wichtig sind, wir viel Bedenkzeit haben, und die verschiedenen Optionen von ähnlicher Wertung scheinen oder wir Entscheidungskonsequenzen schlecht abschätzen können. Die Tücken beim Umsetzen scheinen hauptsächlich daran zu liegen, dass Entscheidungen immer Momentaufnahmen sind. Verändern sich externe oder innere Faktoren – was im Alltag häufig vorkommt – wird plötzlich eine andere Option attraktiver. Und, unser Gehirn bewertet zukünftige Belohnungen und Anstrengung anders als direkt bevorstehende, was wiederum zu Abweichungen zwischen Vorsätzen und tatsächlichem späterem Verhalten führen kann.

Noch eine persönliche Frage zum Schluss: Fällt es Ihnen leicht, die „Gunst der Stunde“ zu nutzen und sich spontan für oder auch gegen etwas entscheiden zu können?

Ich gehöre grundsätzlich zur entscheidungsfreudigen Sorte. Ob das immer in der „Gunst der Stunde“ ist, steht auf einem anderen Blatt.

Sehr geehrte Frau Dr. Studer, wir freuen uns auf Ihren Besuch und Beitrag bei der Neujahrsmatinee am 1. Januar 2019 in Bensberg und danken Ihnen für das Gespräch .

Die Fragen stellte Dr. Michael Hartlieb, Thomas-Morus-Akademie Bensberg.

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